Mielesdorf. Die Häuser wurden nach dem Brand von 1710 nach und nach wieder aufgebaut, nur die Kirche nicht. Die Gemeinde konnte sich keinen Neubau leisten.

Der 16. November steht für den Geburtstag der Kirche in Mielesdorf, die 1719 - also vor 300 Jahren - feierlich geweiht wurde. Um dieses Jubiläum zu würdigen, ist für den 1. Advent, 14 Uhr, ein Festgottesdienst geplant. Die Predigt hält Pfarrer Gero Erber. In diesem Rahmen soll auch die Amtseinführung des neuen Gemeindekirchenrates stattfinden. Anschließend wird zum gemeinsamen Kaffeetrinken ins Bürgerhaus eingeladen. Dort wird auch Lothar Degenkolb über die Geschichte dieses Gotteshauses plaudern. Er hat dessen Historie auch schriftlich für die Nachwelt festgehalten, hier ein kleiner Auszug:

Lothar Degenkolb forschte zur Geschichte der Mielesdorfer Kirche und ist auch Autor dieses Beitrages.
Lothar Degenkolb forschte zur Geschichte der Mielesdorfer Kirche und ist auch Autor dieses Beitrages. © OTZ | Uwe Lange

Stolz steht sie in der Mitte des Dorfes und ruft mit ihrem Geläut die Menschen zum Gottesdienst - die evangelische Kirche in Mielesdorf. Seit ihrem Bau sind 300 Jahre vergangen und viel könnte sie über die Vergangenheit berichten. Es war ein schwarzer Tag für die Gemeinde, als am 9. Februar 1710 die gesamte obere Dorfseite und die Kirche ein Raub der Flammen wurden. Die Häuser konnten nach und nach wieder aufgebaut werden, nur die Kirche nicht. Die Gemeinde war arm und konnte sich einen Neubau nicht leisten. Es ist nicht überliefert, wo während dieser Zeit kirchliche Veranstaltungen stattfanden. Pfarrer war Johann Tobias Hartmann.

Erst acht Jahre später veranlasste der damalige Landesherr, Graf Heinrich XI. Reuß jüngere Linie, den Wiederaufbau der Kirche. Er übernahm sämtliche Kosten. Es dauerte ein Jahr bis der Bau fertiggestellt war. Am 16. November 1719 fand die Weihe der Kirche statt. Die erfolgte durch den Schleizer Superintendenten Johann Heinrich Krause. Nach überlieferten Aufzeichnungen waren fünf fürstliche und vier noble Herrschaften bei der Einweihung zugegen.

Der Turm hat eine Höhe von 34 Meter, auf der Spitze befindet sich eine goldene Kugel mit der Wetterfahne. Unterhalb der Turmspitze sind zwei unterschiedlich große Glocken installiert worden. Die Glocken stammen wahrscheinlich von der abgebrannten Kirche. Die beiden großen Glocken wurden während der Weltkriege abgenommen und für Waffen eingeschmolzen. Aber bereits 1920 bzw. 1952 konnte die Kirchgemeinde neue Glocken von der Gießerei Apolda anschaffen. Jedes Mal wurden die Glocken durch Spenden der Einwohner finanziert.

Im Inneren des Turmes befindet sich der Altarraum mit der hölzernen Kanzel aus der alten Kirche. Über der Tür auf der Südseite war eine Sonnenuhr angebracht, die aber 1891 bei Erneuerung des Außenputzes entfernt wurde. Im Innenraum des Kirchenschiffes waren zwei Emporen eingebaut. Bei dessen Renovierung 1806 wurden die oberen Emporen wieder entfernt.

Erst 1750 erhielt die Kirche eine Orgel. Um die Orgelpfeifen mit Luft zu versorgen, musste ein Balgtreter aktiv werden. Abwechselnd wurde von jedem Haus jemand dafür verpflichtet, bis 1837 ein Balgtreter eingestellt wurde. Ein Blitzschlag zerstörte 1919 die Orgel. Orgelbauer Popp aus Schleiz fertigte die neue Orgel, die bis heute in Betrieb ist. Als 1929 die Kirche elektrisches Licht bekam, wurde auch die Orgel auf Elektro-Betrieb umgestellt. 1963 wird die Orgel restauriert und neu gestimmt.

Auf Wunsch der Landeskirche Thüringen erhielt das Museum für kirchliche Kunst in Eisenach 1931 leihweise zwei hölzerne Taufsteine aus Mielesdorf. Es waren wahrscheinlich die einzigen Kostbarkeiten, denn 1937 schrieb der sächsische Heimatforscher Paul Apitzsch nach seinem Besuch in der Kirche: „Die Kirche ist einfach und gediegen, ohne Prunk und Kostbarkeiten.“

Elektromeister Müller installierte 1995 die funkgesteuerte Turmuhr. Anlässlich der 625-Jahrfeier 2002 wurde auch die Kirche herausgeputzt. Der Fußboden erhielt neue Platten und die Bänke wurden erneuert. Kleinigkeiten veränderten das Aussehen im Innenraum. So zum Beispiel der Dornenkranz über der Kanzel, wobei die Steine die einzelnen Wochentage symbolisieren. Der jetzige Pfarrer, Gero Erber, ist der 28. Pfarrer seit der Einweihung der Kirche.