Schleiz/Bad Lobenstein. Mit einem offenen Brief beschwert sich der ehemalige Schleizer Andy Heller beim Landrat Thomas Fügmann (CDU) über das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Besuchern.

Mit einem offenen Brief beschwert sich der ehemalige Schleizer Andy Heller beim Landrat Thomas Fügmann (CDU) über das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Besuchern. Andy Heller wollte am Sonnabend eigentlich als Veranstalter zum Tanz bei „Mission: Frühjahrsputz!“ ins Kubra Bad Lobenstein laden.

„Das ist im März unsere größte Veranstaltung, die wir haben, das ist ein Zehntel unseres Jahresumsatzes“, kommentiert Andy Heller gegenüber der Redaktion den Ausfall der Tanzveranstaltung am Wochenende. Auf dem sozialen Netzwerk Facebook haben sich weit mehr als 800 junge Menschen für diese Veranstaltung interessiert gezeigt, darüber hinaus knapp 200 ihre voraussichtliche Teilnahme bereits kundgetan. Als am Montag das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises erwägt, die zu dieser Zeit noch geltende Allgemeinverfügung mit dem Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 50 Gästen zu entschärfen, reagiert Andy Heller.

Die vom Landratsamt angedachte Erlaubnis von Veranstaltungen mit bis zu 500 Teilnehmer wollte Heller als Veranstalter nutzen. „Nach langen und intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten haben wir uns aber entschlossen, die Veranstaltung stattfinden zu lassen“, teilte er bei Facebook über die Veranstaltungsseite mit. Er wollte die Gästezahl auf 400 Teilnehmer deckeln. Zudem wollte er durch registrierten Vorverkauf sicherstellen, dass im Falle eines infizierten Partygastes alle anderen Teilnehmer schnell ausfindig gemacht werden können. Darüber hinaus gab er Informationen zum Infektionsschutz und verlinkte Hinweise zu Hygienemaßnahmen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

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Heller beklagt Krisenmanagement der Landkreisverwaltung

In seinem nur bei Facebook veröffentlichten offenen Brief klagt Andy Heller das Krisenmanagement der Landkreisverwaltung an. „Natürlich ist das Virus ansteckend – das ist jede normale Grippe aber auch. Die Erkrankung durch Covid-19 kann tödlich enden, was jede normale Grippe aber auch kann. Nach unserem Wissen betrifft das ältere oder vorbelastete Menschen. In der Grippe-Saison 2019/2020 sind deutschlandweit schon über 119.000 Menschen an der Grippe erkrankt und leider auch über 200 Menschen daran gestorben. Wurde hier ein Verbot von Veranstaltungen über 50 Personen ausgesprochen?“, schreibt Heller in seinem offenen Brief.

Zudem würde er gerne wissen, warum sich der Saale-Orla-Kreis über die Empfehlungen des Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und des Robert-Koch-Instituts in Berlin hinwegsetze. Spahn empfahl, keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen stattfinden zu lassen. Heller wirft der Landkreisverwaltung vor, völlig überzogen mit der Allgemeinverfügung zu reagieren. Im wenige Kilometer entfernten Bayern läge die Besucherzahlengrenze bei Veranstaltungen bei 1000 Menschen, im ebenfalls wenige Kilometer entfernten Sachsen gebe es keine Besucherzahlengrenze. Zudem mahnt Andy Heller an, dass sich die Aussagen des 1. hauptamtlichen Beigeordneten des Landrates, Jürgen Hauck, widersprechen würden.

Hauck hatte mitgeteilt, dass es in der ländlichen Region schwierig sei Veranstaltungsgäste nachzuverfolgen, wenn auf der Veranstaltung ein Coronavirus-Infizierter gewesen sei. Andy Heller hingegen meint, dass dies gerade im ländlichen Raum einfacher sei, da die Zahl der Veranstaltungsbesucher geringer ausfalle als in großen Städten. Zudem könnte durch ein Ticket-Vorverkaufssystem mit persönlichen Daten der Gäste eine Nachverfolgung schnell umgesetzt werden.

Verwaltung könne Nachverfolgung von Infizierten unter mehreren hundert Veranstaltungsbesuchern nicht leisten

Das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises verweist in diesem Kritikpunkt auf die personelle Leistungsfähigkeit der Kreisverwaltung. Die Nachverfolgung von Kontaktpersonen unter mehreren hundert Veranstaltungsbesuchern sei personell nicht zu bewältigen. Dafür fehle es der Verwaltung an Mitarbeitern. Warum der Krisenstab im Saale-Orla-Kreis die Empfehlung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern durchzuführen, noch strenger auslegt, begründet Thomas Fügmann unter anderem damit, dass die 1000er-Grenze in der hiesigen Region auf praktisch keine Veranstaltung zutreffen würde.

Das heißt: hier würden alle geplanten Saal-Veranstaltungen stattfinden, als gäbe es die Infektionsgefahr nicht, heißt es aus der Pressestelle des Landratsamtes. „Und dies wäre einfach fahrlässig, sogar sträflich“, teilt Fügmann mit. „Die 1000er Empfehlung aus Berlin ist für unsere Region nicht zutreffend. Die Entscheidungen über Verbote von Veranstaltungen liegen bei der jeweiligen Kommune, bei den Kreisen. Gesetzliche Grundlage ist das Infektionsschutzgesetz“, heißt es in dem Schreiben der Landkreisverwaltung.

Niemand habe ein Interesse daran, ohne Grund das gesellschaftliche Leben in der Region „lahmzulegen“. Niemand wolle „Panik und Hysterie“ verbreiten, betont Landrat Thomas Fügmann. Auch, weil die Gesundheitssysteme, gerade hier im ländlichen Raum, einem sehr großen Ansturm von gleichzeitig vielen Erkrankten nicht gut standhalten würden, sei das Verlangsamen der Ausbreitung des Corona-Virus durch die Allgemeinverfügung sehr wichtig. „Hausärzte, Krankenhäuser, auch das Gesundheitsamt können ein so hohes Aufkommen, wie es von Fachleuten befürchtet wird, nicht bewältigen“, heißt es aus dem Landratsamt.

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