Schleiz. Gebildete Grundschüler nutzen 1000 Wörter, Goethe schöpfte aus einem Wortschatz von 90.000 Wörtern

Im Schleizer Schlosspark fiel am Samstagnachmittag ein Filmteam auf, dem man nicht ständig begegnet. Vom MDR kamen die beiden Männer, um Meinungen und Augenblicke für das Fernsehen einzufangen. Anlässlich des Tages der Deutschen Sprache hatte das Schleizer Duden-Dreieck (Duden Museum, Bibliothek, Gymnasium) in die Stadtbibliothek eingeladen. Als Träger fungierte der „Verein Deutsche Sprache“, Regionalvertretung Ostthüringen. Prominente Mitglieder dieses Vereins sind unter anderem Reinhard Selten,­Dieter Hallervorden, Hape ­Kerkeling und Reinhard Mey.

„Es gibt keinen besseren Ort für einen Vortrag zur Deutschen Sprache, wie diese wunder­schöne Bibliothek“, sagte Jörg Bönisch, der sowohl als Vertreter des Landes- als auch des ­Regionalverbandes des Vereins Deutsche Sprache gekommen war. „Wir wollen zum öffentlichen Austausch der deutschen Sprache ermuntern“, erklärte er. Es gebe da nicht nur die Anglizismen, sondern Sprachtechnik, Sprachbewusstsein sei zu pflegen und zu erhalten sowie vieles andere mehr. „Die Deutsche Sprache liegt uns am Herzen.“

Wichtig sei das gerade für junge Menschen, damit sie sich angemessen ausdrücken könnten. Manfred Eckstein von den Schleizer „dudenkern“ schloss sich in seiner Begrüßung den Worten des Vorredners an.

Zum Thema „Reinigung ist Bereichern – Goethes Ansichten zur Deutschen Sprache“ ­referierte Jochen Golz, stellvertretender Präsident der internationalen Goethegesellschaft Weimar. „Ein gebildeter Grundschüler verfügt über etwa 1000 Wörter, Goethe schöpfte aus einem Wortschatz von 90.000 Wörtern,“ sagte er. „Die Sprache zugleich reinigen und bereichern ist das Geschäft der besten Köpfe“, habe Goethe gesagt, so der Referent. Er hatte interessante Beispiele parat. Es gebe einen Bereich, der sich nicht in Goethes Werk widerspiegelt – das Amtsdeutsch. Der Dichterfürst verwendete aber sowohl handwerkliche und technische wie auch naturwissenschaftliche Begriffe, ließ Golz wissen. „Ein Viertel seines Sprachschatzes ist nicht heimischen Ursprungs“, erklärte er und zitierte Goethe: „Wer fremde Sprache nicht kennt, weiß nichts von seiner eigenen.“ Goethe sei in der englischen, französischen und italienischen Sprache zu Hause gewesen. Er habe für den vorurteilslosen Gebrauch fremder Sprachen plädiert und sich gegen alle nationalistische ­Sturheit durchgesetzt.

„Wir sind auf unterhaltsame Weise bereinigt und bereichert worden“, sagte Karin Wagner, Regionalleiterin Ostthüringen im Verein Deutscher Sprache. Sie dankte dem Referenten, den „dudenkern“ und der Stadtverwaltung für den Vortragsraum. Das „Doppelquartett“ vom Chor des Schleizer Gym­nasiums sorgte für die musikalische Umrahmung. Mit aus­gefeilter Stimmleistung und -festigkeit intonierten die Jugend­lichen „Die Gedanken sind frei“ sowie andere passende Lieder.

Nach dem Vortrag ging es in das Museum im Schleizer ­Lyzeum. Dort führten Mitglieder der „dudenker“ durch die Räume. Auf Wunsch brachte das Doppelquartett dort die ­„dudenker-Hymne“ zu Gehör. Die Besucher informierten sich über Duden und andere Höhepunkte der Schleizer Geschichte. Konrad Duden hätte sich sicher gefreut, über die Mitglieder der Tagung des „Wingolfbundes“, einer Studentenvereinigung, der auch Konrad Duden angehörte. Sie tagten in der Wisentahalle und versammelten sich vor Dudens Denkmal am Lyzeum zu einem Fototermin. Der Studentenbund wurde im 19. Jahrhundert in Schleiz gegründet.