Man kann wirklich nicht von Größenwahnsinn sprechen, auch wenn Schmölln faktisch über Nacht seine Fläche mehr als verdoppelt. Dafür beträgt der Einwohnerzuwachs nur knapp 20 Prozent, die Liste der zu lösenden Aufgaben scheint sich zu verdoppeln. Dank der Gemeindegebietsreform sind seit dem 1. Januar 2019 auch die Gemeinden von Altkirchen, Drogen, Lumpzig, Nöbdenitz und Wildenbörten mit all ihren Ortsteilen nun Stadtteile von Schmölln, für Dobitschen ist man zudem erfüllende Gemeinde.

Statt 13 hat die Knopfstadt nun 44 Ortsteile, mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, Attraktionen und Charakteren. Der Start verläuft verhalten euphorisch, die Neu-Schmöllner müssen sich ummelden. Dann werden auch noch einige Straßennamen geändert, weil sie nun doppelt vorkommen. Die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer werden zügig und rückwirkend zum Jahresanfang auf einheitliches Niveau gebracht. Die Verwaltung kommt an die Leistungsgrenze: neues Personal einlernen, das von den geschrumpften Verwaltungsgemeinschaften übernommen wird. Dazu noch die Migration der Daten in das bestehende System, was Monate beansprucht. Gleichzeitig gilt es, eine ellenlange Wunschliste zu bearbeiten. Denn die Gemeinden erwarten zurecht einen Ausgleich für die Aufgabe ihrer Selbstständigkeit. Die über 40 Projekte in den neuen Ortsteilen werden nach Prioritäten geordnet.

Als einmalige Finanzspritze bekommt die Stadtverwaltung eine Fusionsprämie von zwei Millionen Euro. Durch die Kommunalwahl können die Neu-Schmöllnern dann endlich aktiv mitgestalten. Die kurz zuvor gegründete „Freie Wählervereinigung für das neue Schmölln“ wird auf Anhieb stärkste Fraktion im Stadtrat, der noch dazu für eine Legislaturperiode um sechs Sitze auf 30 erweitert wird. Doch der Enthusiasmus wird zum Jahresende bereits ausgebremst: Die Steuerprognose steht auf Sparzwang.