Altenburg. Geschäftsführerin Gundula Werner: Strafzahlungen treiben Krankenhaus in die roten Zahlen.

Künftig müssen Krankenhäuser eine Strafzahlung entrichten, wenn der Medizinische Dienst (MD) eine Abrechnung beanstandet.

Die Strafzahlung beträgt zehn Prozent der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag, mindestens jedoch 300 Euro pro Fall. Je nach der Anzahl der beanstandeten Rechnungen könne die Prüfquote für einzelne Häuser in den kommenden Jahren sogar weiter steigen. Dieses Gesetz wurde im Dezember 2019 beschlossen und ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten.

Gundula Werner, Geschäftsführerin des Klinikums Altenburger Land.
Gundula Werner, Geschäftsführerin des Klinikums Altenburger Land. © Nina Gilg

„Den Krankenhäusern werden vom Gesetzgeber erhebliche finanzielle Lasten aufgebürdet. Das treibt die Krankenhäuser in die roten Zahlen“, warnt die Geschäftsführerin des Klinikums Altenburger Land, Gundula Werner.„In den meisten Fällen bemängelt der MD einen zu langen Krankenhausaufenthalt. Die Verweildauer ist meist jedoch keine Frage der richtigen oder falschen Abrechnung, sondern überwiegende der gegebenen Behandlungssituation geschuldet, weiß die Klinikumsleiterin, die das mit einigen Beispielen aus der Praxis belegen will.

Beispiel 1: Eine Patientin wird aufgrund eines Sturzes auf die rechte Seite mit dem Rettungsdienst in die Notaufnahme gebracht. Die stationäre Aufnahme der Patientin erfolgte nach Auswertung des Röntgenbildes der rechten Hüfte, welches den Verdacht auf eine Schenkelhalsfraktur erhärtete. Im gegenseitigen Einvernehmen mit der Patientin habe das Klinikum Altenburger Land eine geriatrische Anschlussheilbehandlung beantragt, am ersten Tag nach der Operation. Die früheste Verlegung sei laut geriatrischer Klinik erst einige Tage später möglich gewesen. Der MDK habe dem Klinikum fünf Tage mit folgender Begründung gekürzt: „Nach Einsicht in die vorliegenden Unterlagen wäre die Behandlung der Versicherten innerhalb der oberen Grenzverweildauer der abgerechneten DRG mit früherer Durchführung einer geriatrischen Reha möglich gewesen.“ In Summe habe es sich um 1400 Euro Kürzung gehandelt. Ab 2020 werden zusätzlich 300 Euro „Strafzahlung“ fällig.

Beispiel 2: Die stationäre Aufnahme einer 83-jährigen Patientin erfolgte aufgrund eines Sturzes auf das linke Knie. In der Röntgenuntersuchung zeigte sich links ein Schienbeinkopfbruch, der am 16. Januar 2019 operativ versorgt werden musste. Der Antrag auf Kurzzeitpflege erfolgte am 22. Januar 2019. Die Patientin konnte erst am 29. Januar 2019 in die Kurzzeitpflege entlassen werden. Der MDK habe vier Behandlungstage mit einem Verlust von 1070 Euro gestrichen. Ab 2020 werden zusätzlich 300 Euro „Strafzahlung“ fällig.

Beispiel 3: Eine 79-jährige Patientin wurde am 29. Januar 2019 mit rezidivierendem Erbrechen mit Verdacht auf eine Gallenblasenkolik mit Stein stationär aufgenommen. Zudem zeigte sich eine Elektrolytstörung. Am 7. Februar erging ein Eilantrag zur Kurzzeitpflege. Am 19. Februar 2019 konnte die Patientin in einem stabilen Allgemeinzustand wach und bewusstseinsklar in die Kurzeitpflegeeinrichtung verlegt werden. Der MDK habe vier Behandlungstage mit einem Verlust von 1760 Euro gekürzt. Ab 2020 werden zusätzlich 300 Euro „Strafzahlung“ fällig.

Abrechnungsbetrug unterstellt

„Wir sollen bestraft werden, weil wir verantwortungsvoll mit unseren Patienten umgehen“, ist Geschäftsführerin Gundula Werner verärgert. Die Leistungen, um die hier gestritten werden, seien für die Patienten erbracht worden. Mit Begriffen wie „Falschabrechnung“ werde Abrechnungsbetrug unterstellt und das sei falsch. Deshalb würden die Krankenhäuser die Kürzungen des MD als eine Herabwürdigung ihrer Arbeit am kranken Menschen verstehen. Diese zusätzlich erbrachten Behandlungstage nicht zu vergüten und dazu noch mit Strafzahlungen zu belegen, sei etwas, was alle Mitarbeitenden der Krankenhäuser aus tiefstem Herzen empört, so Werner.

Änderung des Gesetzes gefordert

Es sei skandalös, dass Krankenhäuser für Versorgungslücken auf anderen Gebieten, wie zum Beispiel auf dem Pflegesektor, finanziell aufkommen sollen. Die Situation werde sich auch mit dem zunehmenden Mangel an Pflegeplätzen für die Krankenhäuser zukünftig verschärfen. „Wir sind angehalten, wirtschaftlich zu arbeiten“ überlegt Gundula Werner weiter und stellt Fragen: „Sollen unsere Mitarbeiter zukünftig pflegebedürftige, aber nicht krankenhausbehandlungsbedürftige Patienten nach Hause entlassen? Wer soll das vertreten? Wir wollen Menschen für den Arzt- und Pflegeberuf gewinnen. Sind das die richtigen Anreize?“

Das Klinikum Altenburger Land engagiert sich daher auch in der Öffentlichkeit für die Änderungsanträge zum MDK-Reformgesetz.