Jena/Erfurt. Wenn ein Arzt gegen Berufspflichten verstößt, ruft das die Landesärztekammer auf den Plan. Doch ein so gravierender Fall wie der Blutdoping-Skandal ist eher selten.
Nach dem Auffliegen eines mutmaßlichen Dopingarztes aus Erfurt will die Landesärztekammer Thüringen das berufsrechtliche Verfahren gegen den Mediziner vorantreiben. Die Kammer habe die Staatsanwaltschaft München um Informationen gebeten, um eigene Ermittlungen einleiten zu können, sagte eine Sprecherin. Der Mediziner war Ende Februar in Erfurt festgenommen worden. Die Kammer hatte ein hartes Vorgehen gegen ihn angekündigt, sollten sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen. Sie hat die Berufsaufsicht über die in Thüringen tätigen Mediziner.
Möglicherweise könnte der Erfurter Arzt in einem Berufsgerichtsverfahren für berufsunwürdig erklärt werden. Das hätten den Entzug der ärztlichen Zulassung (Approbation) durch das Landesverwaltungsamt zur Folge. Ein solches faktisches Berufsverbot ist das schärfste Schwert im ärztlichen Berufsrecht und extrem selten. Das Landesverwaltungsamt spricht von zwei Fällen in den vergangenen Jahren in Thüringen. Vorrang hätten in dem Dopingskandal aber erst einmal die strafrechtlichen Ermittlungen, sagte die Kammersprecherin. Der Kammer selbst stehe kein polizeiliches oder staatsanwaltschaftliches Instrumentarium zur Verfügung.
Generell sind Berufsrechtsverfahren gegen Thüringer Ärzte eher selten. Im vergangenen Jahr bearbeitete die Kammer insgesamt 36 Fälle. 20 mal seien wegen des Verdachts auf ein Berufsvergehen Kammerermittlungen eingeleitet, sechs mal Berufsgerichtsverfahren eröffnet worden. 2017 wurden 38 Verfahren bearbeitet, 20 Ermittlungs- und vier Berufsgerichtsverfahren eingeleitet. Für letztere ist die Heilberufekammer am Verwaltungsgericht Meiningen zuständig. In Thüringen arbeiten mehr als 9000 Ärzte in Praxen, Krankenhäusern und Gesundheitsbehörden.
Berufsrechtsverfahren werden von der Kammer eingeleitet, wenn Mediziner gegen ihre ärztliche Pflicht verstoßen. In Thüringen ging es in der Vergangenheit dabei vor allem darum, dass Gutachten nicht fristgerecht fertig waren, die ärztliche Schweigepflicht verletzt, Patienten schlecht aufgeklärt oder fehlerhaft behandelt wurden. Weil es sich um sehr geringe Zahlen und Einzelfälle handele, seien allerdings keine Aussagen zu den konkreten Verfahren möglich, so die Kammersprecherin.
Noch ungewiss sind laut Kammer derzeit die berufsrechtlichen Konsequenzen für einen Hausarzt aus dem Weimarer Land, der vor einem Jahr wegen fragwürdiger Heilmethoden in die Kritik geraten war. Der Mediziner, der eine naturheilkundlich orientierte Praxis betreibt, soll Patienten ein ätzend wirkendes Chlordioxidgemisch zur Behandlung empfohlen und verkauft haben. Das Bundesinstitut für Risikobewertung und Verbraucherschützer warnen vor dem Einsatz des Mittels.
Erfurter Dopingarzt bleibt weiterhin in Haft
Landesärztekammer: Mit dem Approbationsentzug kommt das Berufsaus
Doping-Skandal: Staatsanwaltschaft hatte Erfurter Arzt schon 2013 im Visier
Operation Aderlass: So sah es im Garagen-Labor in Erfurt aus
dpa