Weimar. Seit 2007 gehen Fechttrainer Alexander Panneck und Julius Haupt gemeinsame Wege. Das große Ziel steht noch bevor.

Den Moment, als sein Schützling den finalen Treffer zur Goldmedaille bei der U-17- Weltmeisterschaft 2018 in Warschau platzierte, wird Alexander Panneck nie vergessen. Der ­Höhepunkt seiner Trainerlaufbahn, die in dieser Form nicht zu erwarten war.

Alexander Panneck ist leidenschaftlicher Fechter, durch und durch. 1986 begann er als ­Achtjähriger mit dem Sport und konnte sich bei seinem Heimverein, dem heutigen PSV Weimar, relativ schnell einen ­Namen machen. In seiner ­Al­tersklasse gehörte er früh zu den besten Nachwuchsfechtern der Region. Als logische Konsequenz folgte 1991 der Gang auf die Jenaer Sportschule. Bis zu seinem Abitur im Jahr 1997 hieß es fortan täglich Schule, Training, Hausaufgaben – und dann wieder von vorn.

Doch wie bei jedem jungen Leistungssportler kam auch für Panneck der Punkt, an dem er sich entscheiden musste: weiterhin alles für den Sport investieren oder den Weg der ­zukunftssicheren Berufsausbildung einschlagen. „Für mich war nach dem Abi klar, dass es in dieser Form mit dem Fechten nicht weitergeht. Nach dem Bund begann ich deshalb ein Studium zum Bauingenieur und mit dem Sport war erst einmal Schluss“, sagt der heute 41-Jährige mit Blick zurück.

Lange blieb er den Planche aber nicht fern. Es ­waren die Olympischen Sommerspiele 2000 in Sydney, denen der ­Weimarer Fechtsport die Rückkehr Pannecks zu verdanken hat. „Nach einer TV-Übertragung juckte es wieder in den Fingern und ich fing erneut als ­Aktiver im Verein an.“

Nach Comeback deutscher Pokalsieger

Der Erfolg ließ nicht lang auf sich warten. 2001 holte er mit der Mannschaft den deutschen Pokaltitel im Herrenflorett. Eine große Leistung für den Sportler, aber auch für den Mehrspartenverein, der nun überlegen musste, wie man das hohe Niveau im Trainingsbetrieb halten könne.

Das frisch erworbene Domizil der alten Schwimmhalle in der Müllerhartungstraße wurde so hergerichtet, dass alle Vereins-Abteilungen ihren Trainings- und Wettkampfbetrieb gestalten konnten. Speziell für Fechter und die Judoka bedeutete dies einen besonderen Bodenbelag, der verlegt werden musste.

Seither wird in der Turnhalle ­gefochten, Mädchen und Jungen zusammen, beinahe jeden Tag, mit vielversprechenden Ergebnissen. Immer wieder überzeugen die jungen Sportler mit Topplatzierungen bei Landesmeisterschaften und nationalen Titelkämpfen. Nicht zuletzt durch Alexander Panneck, der neben seinen aktiven Gefechten seit 2001 auch als ­C-Trainer die Geschicke von der Seite aus lenkt.

Zusammen mit sechs weiteren ehrenamtlichen Trainern betreut er speziell die Altersklassen ab zwölf Jahre. „Das Ziel ist ­immer gleich: Die Qualifikation für eine deutsche Meisterschaft. Denn erst dort hat man uns richtig auf dem Schirm“, sagt der Diplom-Ingenieur.

Fechten hat Stil. Es wirkt für Außenstehende gefühlvoll, elegant und lässt die weiß gekleideten Sportler auf der Planche mitunter erhaben erscheinen. Ein elitärer Sport? „Nein“, sagt PSV-Abteilungsleiter Udo Schneider, „das wäre der falsche Begriff“. Dennoch: Eine komplette Fechtausrüstung samt Anzug, Maske und Waffen in den drei Disziplinen Florett, Säbel und Degen kostet Geld, eine Menge Geld. Das können nicht alle Eltern für die fechtbegeisterten Kinder aufbringen.

Regelmäßige Großspenden von Sponsoren? Leider nein. Kontinuierliche Förderungen vom nationalen Verband oder dem Landessportbund? Wünschenswert, aber nicht zutreffend. „Wir sind stolz, als relativ kleiner Verein mit unseren Trainern und den vorhandenen Mitteln durchweg Eigengewächse fördern zu können“, sagt ­Schneider. Durch diese Arbeit und den Einsatz von Trainern wie Alexander ­Panneck gibt es sie beim PSV immer wieder, die vereinsinternen Aushängeschilder. Das momentan größte heißt Julius Haupt, 19 Jahre jung, ein Ausnahmetalent, wie ihn sein Trainer Alexander Panneck ­beschreibt. Das Besondere: Obwohl Julius bis zu seinem 17. Lebensjahr zu den besten „Fußfechtern“ Thüringens zählte, feierte er seine größten Erfolge im Rollstuhl. Von Geburt an ist der American-Football-Fan halbseitig gelähmt, was im Verein zunächst überhaupt keine Rolle spielte. Inspiriert von den ­Erfolgen seiner großen Schwester Anne, unterstützt von Mutter und Vater sowie angetrieben vom Heimtrainer, trotzte Julius dem körperlichen ­Handicap.

Doch ähnlich wie einst bei seinem Trainer kam es 2016 zu einem Wendepunkt. „Eigentlich wollte ich mit dem Fechten aufhören. Dann sprach mich Ira Ziegler vom Fachbereich Rollstuhlfechten an, ob ich mir die Umstellung auf diese Disziplin vorstellen könne“, ­erinnert sich der Gymnasiast. Eltern, Verein, Sportler: Alle waren skeptisch, vertrauten jedoch dem Urteil der Fachfrau. Dies war im wahrsten Sinne goldrichtig, denn bereits bei seinem ersten Weltcup-Einsatz in den Niederlanden ging Julius als Sieger hervor.

Beim Rollstuhlfechten ist alles ein wenig schneller. Nach ­Beginn einer Aktion vergehen häufig nur wenige Sekunden, bis der Treffer fällt. Dies kommt jungen, konzentrierten Sportlern zugute. Auch an das Sitzenbleiben im Rollstuhl gewöhne man sich irgendwann, sagt ­Julius. In seiner Paradedisziplin, dem Florett, folgte der am ­Anfang des Textes beschriebene Höhepunkt einer immer noch jungen Laufbahn. Mittlerweile hat der 19-Jährige seinen eigenen Wettkampfrollstuhl und trainiert fünfmal wöchentlich, mal in der Turnhalle, mal zu Hause.

Bei den kürzlich stattgefundenen Weltmeisterschaften im Rollstuhlfechten konnte der Panneck-Schützling viele Erfahrungen gegen die starken Chinesen, Russen oder Italiener sammeln. Dabei wusste er nicht nur im Florett, sondern auch im ­Degen zu überzeugen.

Heimtrainer Panneck konnte in Südkorea nicht vor Ort sein. Das gemeinsame Ziel, eine Teilnahme bei den Paralympischen Spielen, sei realistisch. „Ob es bereits für Tokio 2020 reicht, bleibt abzuwarten. Wir sehen uns da eher vier Jahre später in Paris“, ist der Trainer optimistisch. Zeit für den ehrgeizigen Julius, bis dahin sein Abitur zu meistern und eine ­Berufsausbil­dung zu starten. Denn allen Beteiligten dieser Erfolgsgeschichte ist klar: Reich kann man in Deutschland vom Fechten nicht werden. Aber weiterhin für Aufmerksamkeit sorgen, was der Sportart und dem Verein gleichermaßen gut tut.

Für die jahrelange, kontinuierliche Arbeit als Trainer wurde Alexander Panneck von der Stiftung Thüringer Sporthilfe ­geehrt. Seine erste Auszeichnung als Trainer und eine Würdigung für die geleistete Arbeit beim PSV Weimar, sagt ­Abteilungsleiter Schneider.

Er hielt bei der Festveranstaltung in Weimar die Laudatio auf seinen Weggefährten. Und plötzlich hatten es die Funktionäre wieder auf dem Schirm: In Weimar gibt es einen Fechtverein, einen recht erfolgreichen. Mit einem jungen Mann, der im Rollstuhl für Furore sorgt. Und einem Trainer, der sehr froh ist, Sydney 2000 über den Fernseher ­verfolgt zu haben.