Rangsdorf. Was sich Thüringen vom Präsidenten des Nordostdeutschen Fußballverbandes wünscht

Wer schon einmal im beschaulichen Rangsdorf mit dem gleichnamigen See war, weiß um die Idylle dieses Ortes. Doch heute wird im Städtchen vor den Toren Berlins eine Entscheidung von großer Tragweite fallen: die Wahl des kommissarischen Präsidenten des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV). Selten war der Verband in seiner 30-jährigen Geschichte so gefragt wie dieser Tage. Corona hat die NOFV-Ligen mit ihrem Flaggschiff Regionalliga und die Vereine vor nie gekannte Herausforderungen gestellt.

Da braucht es eine starke Führung, um die Probleme zu meistern. Umso tiefer sitzt beim 1990 gegründeten Nachfolgeverband des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR noch immer der Schock über das unerwartete Ableben von Erwin Bugar. Der bisherige NOFV-Präsident – nach Hans-Georg Moldenhauer (1990 bis 2010) und dem Apoldaer Rainer Milkoreit (2010 bis 2018) erst der dritte in 30 Jahren – starb am 2. Dezember an Herzversagen im Alter von 68 Jahren.

15 Mitglieder des Präsidiums haben zwischen Hermann Winkler (57 Jahre, Präsident des Sächsischen Verbandes), Bernd Schultz (63, Präsident des Berliner Verbandes) und Jens Cyrklaff (55, NOFV-Schatzmeister) die Qual der Wahl. Der kommissarische Bugar-Nachfolger ist mindestens bis zum 10. Verbandstag 2023 Chef des NOFV.

Drei Thüringer sind stimmberechtigt

Auch drei Thüringer sind stimmberechtigt: der Noch-Präsident des Thüringer Fußball-Verbandes, Wolfhardt Tomaschewski, sein designierter Nachfolger Udo Penßler-Beyer als Vorsitzender des NOFV-Schiedsrichterausschusses sowie Hubert Wolf, Präsident von Regionalligist ZFC Meuselwitz, als Vereinsvertreter im NOFV. Damit vereinen die Vertreter des Freistaates 20 Prozent der Stimmen auf sich. So viele wie kein anderer der insgesamt sechs Landesverbände.

Während sich Tomaschewski und Penßler-Beyer auf Nachfrage dieser Zeitung nicht äußern wollen und auf die geheime Wahl verweisen, ist Hubert Wolf auskunftsfreudiger. Er schätze alle drei Kandidaten als exzellente Fachleute, sagt der ZFC-Boss. „Ich will mir die Statements in Ruhe anhören, bevor ich entscheide“, sagt Wolf. Wahlkampf hat keiner der Kandidaten betrieben.

Ein Ohr für die Sorgen der Vereine

Wolf selbst sei auch schon gefragt worden, ob der Posten etwas für ihn wäre. „Da müsste ich im eigenen Unternehmen und im Verein kürzertreten“, verweist der Vorstandsvorsitzende der Bluechip Computer AG auf die Aufgabenfülle, die den neuen Präsidenten erwartet. Besonders wichtig sei ihm, dass der neue starke Mann die Interessen des NOFV beim DFB zur Geltung bringt. „Wohlwissend, dass der Vizepräsidentenposten beim DFB, den der Präsident in der Regel hat, nicht der einflussreichste ist.“

Auch Chris Förster ist es extrem wichtig, dass der neue Präsident die ostdeutschen Clubs im DFB mit einer starken Stimme vertritt. Von den drei Kandidaten hat der Geschäftsführer des FC Carl Zeiss Jena in dieser Hinsicht Hermann Winkler schätzen gelernt, der um die Besonderheit dieser Region wisse. „Er hat bei uns, als es damals um die Reform der Regionalliga ging, einen sehr guten Eindruck hinterlassen.“ Zudem hofft Förster, dass der neue Präsident ein Ohr für die Sorgen der Vereine hat und auch den Nachwuchs im Blick behält.

Sportlich hat der Nordosten einiges zu bieten

Beim FC Rot-Weiß Erfurt favorisiert man keinen der Kandidaten. Gleichwohl sind Erwartungen mit der Wahl verbunden. „Wichtig ist, dass es einen engen Austausch mit den Vereinen an der Basis gibt“, sagt Franz Gerber, Geschäftsführer der FC Rot-Weiß Erfurt Fußball GmbH. Er wünscht sich zudem, dass die Belange der Oberligisten als zweithöchste Spielklasse des Verbandes Aufmerksamkeit erfahren.

Nordhausens Trainer Philipp Seeland will die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. „Es ist eine Riesenaufgabe. Wenn der neue Präsident es nach Amtsantritt sportlich und wirtschaftlich seriös macht, sollten wir zufrieden sein. Wichtig ist, dass wir wegen Corona keine Vereine verlieren“, so der 30-Jährige. Dem DFB gegenüber könne der NOFV „durchaus selbstbewusst“ auftreten. „Sportlich hat der Nordosten schließlich einiges zu bieten. Wichtig ist, dass wir unsere Regionalliga behalten“, so Seeland.