Berlin. Es war der unfreiwillige Beleg: Von Europapokalplatz-Hoffnungen ist Hertha im Moment weit entfernt. Stattdessen rutscht der Berliner Club in eine Ergebniskrise. Drei Niederlagen nacheinander, weiter abgerutscht in der Tabelle. Und als nächstes wartet RB Leipzig.

Die 4000 Fans, die ins Olympiastadion durften, pfiffen zur Halbzeit, sie pfiffen erst recht nach dem Abpfiff.

Trainer Bruno Labbadia und seine Mannschaft versuchten erst gar nicht, das 0:2 (0:1) von Hertha BSC gegen Aufsteiger VfB Stuttgart, die dritte Niederlage in der Fußball-Bundesliga in Serie, irgendwie schönzureden. "Das Spiel schmerzt", meinte Routinier Vladimir Darida. "Wir haben uns das komplett anders vorgestellt", konstatierte Labbadia.

Die Hertha ist schon wieder auf dem Weg in den Krisenmodus. Die Bilanz in der noch jungen Saison: Peinliches 4:5-Pokal-Aus in der ersten Runde bei Eintracht Braunschweig, der zunächst viel versprechende 4:1-Auftaktsieg in die Meisterschaft beim SV Werder Bremen, danach Niederlagen daheim gegen Eintracht Frankfurt (1:3), beim FC Bayern (3:4) und nun im Olympiastadion gegen den schwäbischen Bundesliga-Rückkehrer und ehemaligen Labbadia-Arbeitgeber.

Mögliche Diskussionen um seine Person findet der Hertha-Coach albern. "Dann brauchen wir auch nicht mehr eine Mannschaft aufbauen", betonte Labbadia am Sonntag in einer Video-Schalte. Dann hieße es nur noch: "Friss oder stirb." Alarmiert müsse er nicht sein. Selbst wenn er nicht mit den Resultaten gerechnet hat, habe er von vornherein gewusst, was nach dem personellen Umbruch auf sie zukommen würde.

"Wir dürfen nicht vier von fünf Pflichtspielen verlieren. Zumindest nicht mit so einem Anspruch, den wir haben", betont Hertha-Profi Maximilian Mittelstädt. Wie Investor Lars Windhorst und sein Aufsichtsrat Jens Lehmann die Pleite gegen die Schwaben verarbeitet haben, wurde bislang nicht übermittelt. Dass wie schon so oft, Wunschwelt und Realität bei der Hertha nicht auf derselben Wellenlänge liegen, ist offensichtlich.

Drei Punkte, hintere Tabellenregionen. Der Gegner, zurückgekehrt ins Oberhaus, ist mit sieben da, wo die Hertha gerne wäre. Labbadias Fazit fiel entsprechend deutlich aus. Eine viel zu billige Niederlage, betonte er: "Es war nicht so, dass der VfB so stark war, dass wir hier 0:2 verlieren dürfen." Zu statisch, zu unsauber, Abspielfehler, die auch ihn verwundern würden.

Positives fiel dem 54-Jährigen bei seiner Mannschaft nicht wirklich auf. Bei der Führung der Gäste konnte sich Marc-Oliver Kempf völlig unbedrängt bei seinem Kopfball in der neunten Minute die Ecke aussuchen. "Das habe ich so auch selten gesehen, dass ein einzelner Spieler gegen drei so einfach zum Kopfball kommt. Das ist einfach schlecht", monierte Labbadia. Danach ging nichts mehr. Nur eine Phase nach dem Seitenwechsel waren Bemühen, Willen und auch eine gewisse Qualität spürbar. Nur trafen da nicht die Berliner, sondern der VfB durch Kapitän Gonzalo Castro (68.).

Dass die Hertha-Spieler untereinander auf dem Platz miteinander haderten, dürfe im negativen Fall "auf keinen Fall passieren". Ansonsten forderte Labbadia erneut mehr Kommunikation der Spieler auf dem Platz untereinander.

Viel Arbeit für den Coach in dieser Woche, in der am Samstag ausgerechnet der ungeliebte Gegner RB Leipzig als Gastgeber wartet. "Jetzt gilt es, den Kopf hochzunehmen und zu versuchen, in Leipzig Punkte zu holen", meinte Mittelstädt. Bislang gab es in acht Duellen mit RB sechs Niederlagen für Hertha. So könnten sich die Berliner nun noch weiter vom Anspruch Europapokal-Platz in dieser Saison entfernen, den Ex-Nationaltorwart Jens Lehmann formuliert hatte. Anschließend hatten Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz klargestellt, wer beim Berliner Bundesligisten das Sagen hat.

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