Erfurt. Der Afghane kam vor zwei Jahren nach Erfurt und begeistert nun Flüchtlingskinder für Futsal.

Das Training hat noch gar nicht begonnen, da jagen die ersten Kinder schon den Ball durch die Halle. Mal ein Querpass rechts, mal ein satter Schuss auf das Tor: So langsam läuft der Fußball-Motor warm. Nur einige Meter entfernt lehnt Jalal Haghdost an der Tür zur Umkleide und schaut sich das rege Treiben begeistert an. Mal kurz durchgezählt, es fehlen noch einige Kinder. Haghdost dreht sich um und sieht nach den Nachzüglern, die sich gerade noch umziehen. Dann ein lauter Pfiff aus der Trillerpfeife: Haghdost möchte, dass die Bälle ruhen und alle Kinder zu ihm kommen – das Training beginnt.

Vor ihm stehen Flüchtlingskinder. Sie kommen aus Krisen- und Kriegsgebieten wie Afghanistan oder dem Iran. Haghdost kann sich gut in die kleinen Seelen der 10- bis 13-Jährigen hineinversetzen. War er doch einst selbst geflüchtet. Aufgewachsen in Afghanistan, wanderten seine Eltern in den Iran aus. „Ich war 13 Jahre alt. Für mich war es nicht leicht, meine Heimat zu verlassen. Obwohl wir in Afghanistan kein einfaches Leben hatten“, schildert er die angespannte Situation. Krieg, Terror und wirtschaftliche Not beherrschen noch immer das Land. Doch auch im Iran gab es für Haghdost und seine kleine Familie keine Perspektive, sie entschieden sich vor vier Jahren zur Flucht.

Acht Wochen unterwegs nach Erfurt

Eine lange und beschwerliche Reise begann. Sie durchquerten halb Europa zu Fuß, per Zug, Auto, Bus und Boot. „Wir waren ungefähr acht Wochen unterwegs. Die Reise war sehr hart und gefährlich für uns. Immer dabei war die Angst um das eigene Leben und das der Familie“, berichtet er. Eine Rückkehr – ausgeschlossen. Seine neue Heimat ist nun Erfurt, hier lebt er seit zwei Jahren. Seine Kinder können hier zur Schule gehen, ohne Angst leben.

Im Leben von Jalal Haghdost hat sich einiges verändert. Vieles zum Positiven. Er lernt fleißig die deutsche Sprache. „Wenn man nach Deutschland kommt, dann möchte man auch verstehen, was der andere sagt“, betont er. Seinen Beruf als Architekt kann er in Deutschland nicht ausüben. Es fehlen Dokumente. „Ich müsste bei null anfangen, mit einer Ausbildung oder einem Praktikum. Das Interesse ist aber da, wieder in meinen alten Beruf zurückzukehren.“ Ihm schwebt indes noch etwas anderes vor: Er will den Trainerschein machen.

Der Gedanke kommt nicht von ungefähr. Vor einem Jahr traf er auf Amin Sarkhosh, den Vorsitzenden des Move e. V. in Erfurt. Für Jalal Haghdost war das Treffen ein sportlicher Glücksfall. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein Futsal-Angebot für die Jüngsten. „Ich habe viele Kinder gesehen, die auf der Straße spielen und dort umherlaufen. Ich habe mit Amin gesprochen und ihm vorgeschlagen, dass wir eine Mannschaft für Kinder aufstellen.“

Gesprochen wird mal deutsch, mal persisch

Vor einem Jahr begann die Arbeit mit den Kindern. Zuerst waren es sechs, jetzt schon 15, die mit viel Elan dabei sind. Gesprochen wird mal deutsch, mal persisch. „Ich will nicht, dass die Kinder ihre Kultur vergessen und spreche mit ihnen persisch. So können wir auch besser diskutieren“, sagt Haghdost, der gut mit Kindern umgehen kann. „Es macht mir einfach Spaß, mit den Kindern zu arbeiten. Und wenn sie mal Probleme haben, kommen sie damit auch zu mir.“

Auf dem Weg zu seinem Trainerschein steht er noch ganz am Anfang. Aber er hat schließlich schon ganz andere Probleme gemeistert.