Berlin. Wacker Nordhausen kassiert beim Regionalliga-Aufsteiger Lichtenberg die erste Saisonniederlage – diese fällt mit 1:5 sehr hoch aus.

Selbst familiärer Beistand vermochte Jan Glinker nicht aufzuheitern. Nach dem Abpfiff der Regionalligapartie von Wacker Nordhausen bei Lichtenberg 47 hatte sich der Torwart erst noch zum Fanblock der Südharzer bewegt, anschließend traf sich der gebürtige Berliner noch kurz am Spielfeldrand mit Verwandten und Freunden. Die Begrüßungen und Umarmungen wirkten dabei eher wie eine Art Trostspende für den Schlussmann, der in den 90 Minuten nicht weniger als fünfmal hinter sich hatte greifen müssen.

Dabei war Glinker bei keinem der Gegentreffer ein Vorwurf zu machen – eine Tatsache, die bei Torleuten allerdings sogar noch einen schmerzverstärkenden Effekt haben kann. So stapfte der 35-Jährige später unbeirrbar in Richtung Kabine und beschied die Interviewanfrage mit einem knappen: „Nee, heute nicht.“

Seit letzter Saison steht Glinker nun bei Wacker zwischen den Pfosten und hat Berlin mit seinem neuen Verein schon ein paarmal besucht – doch so nah wie am Sonnabend war der Keeper auch seiner sportlichen Heimat wohl noch nie. Nur etwa zehn Kilometer sind es schließlich vom Hans-Zoschke-Stadion in Lichtenberg bis zur Alten Försterei. Dort, in Köpenick, hat er den längsten Teil seiner Laufbahn bei Union verbracht – über zehn Jahre und 235 Partien für die „Eisernen“ gespielt. Seitdem genießt Glinker dort Kultstatus. Klar, dass da eine 1:5-Niederlage nahe des früheren „Wohnzimmers“ besonders weh tut.

Erschwerend kam noch hinzu, dass Wacker in den drei vorhergehenden Ligapartien lediglich ein Gegentor verzeichnen musste. Die Defensive erlebte gewissermaßen einen schwarzen Samstag: Die beiden Gegentore vor der Pause entsprangen zwei Abprallern, die dem Gegner das Abstauben nicht schwer machten. Und die drei Einschläge nach dem Wechsel resultierten jeweils aus einer Mischung aus Passivität und schlechtem Stellungsspiel. Beim letzten gab Glinker dazu nur deswegen eine unglückliche Figur ab, weil ihm auch noch die Sicht versperrt war.

Die ganze Wahrheit ist aber: Auch in der Offensive haperte es gewaltig. Schon vor der Pause zielten Carsten Kammlott & Co. nicht genau genug oder scheiterten an Lichtenberg-Keeper Wollert. Mitte der ersten Hälfte entschärfte dieser sogar beim Stand von 0:1 einen Elfmeter vom Nordhäuser Kapitän Tobias Becker. Ein Ausgleichstor in dieser Drangphase, und das Spiel hätte – so kurios sich das bei einem 1:5 anhören mag – auch ganz anders ausgehen können. Stattdessen aber erhöhte Lichtenberg vor der Pause auf 2:0 und machte um die 60. Minute per Doppelschlag eiskalt alles klar.

Da wollte anschließend auch Wacker-Trainer Heiko Scholz nicht mehr viel einfallen – immerhin aber noch etwas mehr als seinem Torwart. Dem attestierte Scholz nicht nur den Status der unangefochtenen Nr. 1 in Nordhausen, sondern auch, dass er an der Niederlage keine Aktien hatte. Gut fand der 53-Jährige eigentlich nur, dass es bereits am Mittwoch in der Liga weiter geht: „Da kannst Du als Fußballer schnell wieder alles gerade rücken.“

Im Albert-Kuntz-Sportpark erwartet Wacker dann Germania Halberstadt (Anstoß: 19.30 Uhr) – mit dem Gegner hat man dazu noch eine Rechnung offen. Im April dieses Jahres setzte es schließlich in Halberstadt eine herbe 0:5-Niederlage – Scholz’ Quintessenz dazu am Samstag in Lichtenberg: „Wenn wir verlieren, dann richtig“, und rang sich dazu ein gequältes Lächeln ab.