Axel Lukacsek über Dirk Nowitzki und sein Leben nach dem Sport.

Dirk Nowitzki ist im Leben nach dem Profisport angekommen. Einige seiner feinen Anzüge passen ihm nicht mehr, beim Fußball-Benefizspiel „Champions for Charity“ vor ein paar Tagen in Leverkusen hatte er hinterher eine kleine Blase am Fuß. Dabei hütete der einstige Weltklasse-Basketballer die meiste Zeit das Tor. Aber Nowitzki strahlte über das ganze Gesicht. Nach fast 30 Jahren als Korbjäger stand für ihn beim Kick mit solchen Promis wie Motorsportler Mick Schumacher, Ex-Skispringer Sven Hannawald, Eishockey-Nationalspieler Leon Draisaitl oder dem einstigen Fußball-Nationalspieler Ulf Kirsten endlich einmal nur der Spaß im Mittelpunkt und er gab grinsend zu: „Ich habe die Chance genutzt, die anderen für mich laufen zu lassen.“

Welche Entbehrungen der 2,13 Meter lange Basketball-Hüne mit der Schuhgröße 54 in all den Jahren auf sich nahm, um auch auf dem Spielfeld ein richtiger Großer zu werden, verrieten all die Interviews, die Nowitzki nach seinem emotionalen wie tränenreichen Abschied im April aus der nordamerikanischen Profiliga NBA gab. „In der vergangenen Woche habe ich Kuchen gegessen und mein erstes Glas Wein seit zehn Jahren Abstinenz getrunken. Da wurde mir nach ein paar Schlucken schon ganz warm. Das fühlte sich gut an“, sagte der einstige Nationalspieler vor vier Monaten der Wochenzeitung Die Zeit.

Nowitzki ist immer Mensch geblieben. Deshalb ist er auch so beliebt. Als er vor ein paar Tagen wegen einer Vollsperrung auf der Autobahn zu spät zu einer Pressekonferenz vor dem Fußball-Benefizspiel erschien, entschuldigte er sich höflich und wirkte dabei so, wie ihn alle kennen: bodenständig und geerdet. Einen Heldenstatus hat er nie beansprucht. Dass bald in Dallas eine Statue von ihm vor der Basketball-Arena stehen und eine Straße nach ihm benannt werden soll, ist ihm eher peinlich.

Tatsächlich hat er als Basketballer unglaublich viel erreicht. Mit sage und schreibe 31.560 Zählern in regulären Saisonspielen liegt er auf Rang sechs der ewigen Bestenliste und wurde so zum Star und Millionär. Aber er selbst verstand seine Aufgabe vor allem darin, einen ordentlichen Job zu erledigen und die Fans zu unterhalten. Als er im April der Zeit das Interview gab, offenbarte er mit ehrlichen Worten seine Sicht über den Umgang der deutschen Öffentlichkeit mit seinen Sportidolen. „Diese merkwürdige Sehnsucht nach dem Scheitern zuvor hochgejubelter Menschen ist mir nicht geheuer. Erst feiern die Menschen uns Sportler dafür, dass wir etwas besser können als sie“, sagte Nowitzki: „Und sobald die Leute etwas finden, was Grund zur Schadenfreude gibt, stürzen sie sich drauf. Als wollten sie sagen: Ha! Der ist doch nicht besser als ich.“

Auch er könne einige Dinge längst nicht so gut wie andere. Für ihn werde es wohl die größte Herausforderung, Fehler zu machen und nicht gleich dafür verurteilt zu werden, vermutete der 41-Jährige nach seinem Karriereende. Vielleicht waren es auch all jene Erfahrungen, die ihn dazu bewogen haben, nach seiner Karriere nicht nach Deutschland zurückzukehren, sondern lieber in Dallas zu bleiben und dort bei den Mavericks hinter den Kulissen mit anzupacken.

Zum Glück hat er sich nicht abhalten lassen, tatsächlich Mensch zu sein, als im April nach 21 Jahren in der Profiliga NBA der letzte Ball im gegnerischen Korb gelandet und alle Anspannung aus dem Körper gewichen war. Er hat nicht nur Kuchen gegessen und Wein getrunken, sondern stopfte auch Burger, Milchshakes und Eis in sich hinein. Aber niemand muss sich Sorgen machen. „Der erste Heißhunger ist vorbei“, sagte Nowitzki vor ein paar Tagen lächelnd.

Das Leben genießen heißt ja auch nicht unbedingt, dass plötzlich das einst so stringent am Sport ausgerichtete Leben aus den Fugen gerät. Endlich hat er Zeit, mit Ehefrau Jessica (38) und den Kindern Malaika (5), Max (4) und Morris (2) durch seine deutsche Heimat zu touren. Und überhaupt will er das machen, wozu er in all den Jahren auf der großen Basketball-Bühne keine Zeit gehabt hat. Nämlich Tennis spielen, Snowboarden oder ganz einfach mit den Kindern ins Disneyland im sonnigen Orlando fahren. Ach ja, auf dem berühmten Oktoberfest in München sei er übrigens auch noch nie gewesen.

Aber selbst nach seiner Karriere bleibt er sich treu. All das müsse auch mit den Kindern passen. Schließlich sei man an Schule und Kindergarten gebunden, sagte Nowitzki, ganz so wie man ihn kennt. Bodenständig und geerdet.