Eisenach. In den Schlussminuten waren die Eisenacher noch mal auf 23:24 herangekommen. Doch es waren der Fehler zu viele. Die Schiedsrichter verhängten ganze neun Zeitstrafen gegen den ThSV.

Wenn Sead Hasanefendic etwas lauter wird als sonst, immer wieder kopfschüttelnd die Statistik studiert, mit dem Finger Zahlenreihen abmarschiert, mit der Hand auf den Tisch schlägt, wenn er, wie er sagt, seine Gefühle nicht ordnen kann, geschieht das nicht grundlos. Der sonst so besonnene Analytiker, der lieber leise spricht und das Florett dem Säbel vorzieht, dem Larmoyanz im Grunde fremd ist, musste seinem Herz Luft verschaffen. „Das ist Handball und nicht Volleyball“, sagte Eisenachs Trainer und beklagte die „ungleiche Bewertung“. Zwei Rote Karten und neun Zeitstrafen verhängten die jungen Schiedsrichter Lucas Hellbusch/Darnell Jansen gegen den ThSV - ganze drei auf der Gegenseite.

Natürlich, mit einer Nacht Schlaf werden auch die Treuesten der Treuen auf Thüringer Seite einräumen, dass diese 23:26-Niederlage gegen Bietigheim zuallererst ein Ergebnis des eigenen Fehlerfestivals ist. Wer fast immer einen Schritt zu spät kommt, den treibt die Behäbigkeit zum fahrlässigen Foulspiel. Wer nicht zählen kann, bei dem steht in der hochwichtigen Aufholjagd regelwidrig ein Mann zu viel auf dem Parkett. Und wer sich allein in Halbzeit eins neun technische Fehler leistet, muss sich nicht wundern, wenn die mit neun Siegen aus den letzten zehn Spielen angereisten Gäste ihr ohnehin großes Ego weiter stärken und genüsslich in den blau-weißen Wunden stochern.

Schiedsrichterduett mit „Schieber-Schieber-Rufen“ verabschiedet

Doch Hasanefendics emotionale Reaktion ist nicht das Ergebnis dieses einen Spieles. Und wenn sie es wäre, dann hätte er zumindest in der Beurteilung der dramatischen Schlussminuten recht. Da waren die Eisenacher mit unglaublicher Moral tatsächlich noch einmal auf 23:24 herangekommen. Ein Tanz auf Messers Schneide, bis 69 Sekunden vor dem Ende Ivan Snajder eine sehr fragliche Zeitstrafe kassierte, die das Spiel entschied. Es war dieser eine Pfiff, der das Fass zum Überlaufen brachte. Bei Andrej Obranovic, der sich Sekunden später ein zu Recht mit Rot geahndetes Frustfoul und damit nach Marko Racic (20.) den zweiten Platzverweis leistete. Bei Hasanefendic. Und bei den knapp 2000 Fans, die das Schiedsrichterduett mit Schieber-Schieber-Rufen verabschiedeten.

Doch Klagen hilft nicht. Eisenach muss sich selbst aus diesem Jammertal ziehen, wie Manager René Witte zu recht bemerkte. Weniger Fehler machen. Kontrollierter agieren. Denn das ist das Schmerzliche wie Ermunternde zugleich: Trotz gut gefüllter Mängelliste, trotz fast eines Drittels des Spiels in Unterzahl, hätte es gegen die starken Bietigheimer mit den überragenden Strategen Michael Kraus und Jonas Link fast noch gereicht.

Zu den Lichtblicken des Eisenacher Auftritts zählte neben dem mit Wucht auf Rechtsaußen zurückgekehrten, leider aber erst spät in Szene gesetzten Ante Tokic vor allem Jonas Ulshöfer. Wie schon in den Schlussminuten von Konstanz überzeugte der 26-Jährige gegen die mit seiner Personalie etwas überraschten Bietigheimer als Antreiber und Vollstrecker. „Leider haben wir in den entscheidenden Phasen immer wieder Fehler gemacht“, sagte Ulshöfer und übte umgehend Selbstkritik: „Auch mein Fehlpass an den Kreis ist mir noch im Kopf.“

Die Folge: zwei nahezu zehnminütige Phasen ohne Eisenacher Tor in Halbzeit eins. „Uns fehlt die Konstanz über das gesamte Spiel“, bemerkte Alexander Saul, dessen dickes Knie am Montag näher untersucht wird. Jedenfalls kaufte der vom HSV Hamburg gekommene Aron Edvardssson bei seinem ersten Einsatz im Bietigheimer Tor den Eisenachern immer wieder den Schneid ab. Sein Gegenüber Blaz Voncina taute erst nach dem Seitenwechsel auf - die Unbeständigkeit auf dieser Position bleibt leider das Beständige im ThSV-Spiel.

„Das entscheidende Plus auf der Torwartposition“ sah auch Eisenachs früherer Trainer Adalsteinn Eyjolfsson. Der Isländer war zusammen mit Ex-ThSV-Linksaußen Bjarki Elisson als Geburtstagsgast seines Landsmanns Hannes Jon Jonsson gekommen. Bietigheims Coach feierte nach dem Spiel in großer Runde in Eisenach in seinen 40. hinein. Das Zwei-Punkte-Geschenk, das ihm seine Spieler bereitet hatten, machte Jonsson „sehr glücklich“. „Wenn es hier eng wird, landen die Punkte ja oft noch in Eisenach“, sagte er und hatte zum Schluss einen Rat für den ThSV: „Macht euch nicht so viel Stress“.

Einfacher gesagt als getan.

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