Bad Langensalza. Nicole Roth, im Tor für den Thüringer HC, überrascht der starke Start ihres Teams. Die Reifeprüfung kommt allerdings erst noch.

Die Wolken ziehen sich zu. Noch einmal vier Minuten auf der Laufbahn, die fünften nun schon, und noch zweimal zwei Minuten hinterher. Co-Trainer Helfried Müller lässt nicht locker. Und die Spielerinnen lassen sich nicht lange bitten. Intervall-Läufe sind für den Mittwoch angesetzt gewesen. Und obgleich es zu regnen beginnt, wird keine Minute weniger umgesetzt. Als Torfrau, die auf dem Feld wenige Schritte zu rennen hat, geht Nicole Roth mit voran.

Bei Ausdauereinheiten zu kneifen, käme für die aus Nürnberg stammende Torhüterin nicht in Frage. „Ich mag laufen“, sagte sie. Die 27-Jährige nutzt in der Freizeit jede Möglichkeit, um auf die Art auch den Kopf freizukriegen. Gleichwohl sie dabei einräumt, in keinem Jahr so viele Kilometer gelaufen zu sein wie beim Thüringer HC. „Dreimal die Woche zwölf Kilometer sind echt nicht schön“, sagt sie in der Rückschau auf die Vorbereitung.

Doch der Blick auf die Tabelle lässt bei den Thüringerinnen gerade jede Schinderei im Sommer vergessen. Drei Spiele, drei Siege, sehr überzeugende dazu, ein Plus von 37 Treffern. Platz 1 als Zugabe, auch weil Topfavorit Bietigheim noch ein Spiel offen hat. Ein Bilderbuchstart.

„Jedes Spiel mit zehn Toren plus zu gewinnen, das hätte ich nicht gedacht“, findet Nicole Roth, zumal mit Buxtehude oder auch ihrem Ex-Verein Metzingen zwei Gegner darunter sind, die überhaupt erst geschlagen werden wollten. „Wenn wir so weiterspielen, können wir jeden ärgern“, fügt sie an.

Euphorisch werden will sie damit ebenso wenig wie Helfried Müller. Für den Co- und Torwart-Trainer besteht auch kein Grund dazu. Der Start sähe sich toll an. Die großen Reifeprüfungen aber stehen erst bevor. „Die nächsten Wochen bis zur EM-Pause werden mörderisch“, denkt er. Wie Bruder Herbert, der in der Länderspielwoche mit Österreichs Nationalteam (dabei Sonja Frey und Johanna Reichert) bei der Karpaten-Trophy in Rumänien die Form testete, hat er dabei in erster Linie Chambray Touraine im Blick.

Französischer Handball sei unheimlich schnell

An den starken Französinnen müssen die THC-Frauen zum Auftakt der European-League-Qualifikation vorbei, wollen sie nicht ein zweites Mal früh scheitern. Ehe der Bus Richtung Chambray-lès-Tours aufbricht, gilt es an diesem Mittwoch in der Bundesliga gegen den punktlosen Neuling Zwickau den guten Liga-Start auszubauen.

Mit Manon Houette, die 2016 für den Thüringer HC spielte, und Laura van der Heijden (zuletzt Dortmund) sind bei Chambray zwei Spielerinnen, die in der Bundesliga ihre Qualität hinlänglich demonstriert haben. Für Roth sind es nur zwei Gründe mehr, um von einer besonders schweren Aufgabe zu sprechen. Der französische Handball sei ein eigener, unheimlich schnell, findet sie. „Wir müssen eine extrem gute Abwehr stellen, furchtlos sein und auf unsere Stärken vertrauen.“

Dazu zählt im Moment vor allem das Team selbst. „Wir haben eine geschlossene Mannschaft“, lobt Helfried Müller den Einsatz der Spielerinnen, nicht nur hart an sich, sondern besonders auch füreinander zu arbeiten. Verbunden mit einer guten Physis schlägt sich gerade das in den Ergebnissen nieder – und in einem über viele Positionen gefährlichen Spiel.

In der Breite steckt viel Raum für Varianten und großer Kampfgeist

„Wir sind unberechenbar“, findet jedenfalls Nicole Roth. Im Trio mit Irma Schjött und Laura Kuske im Tor trägt die in den erweiterten DHB-Kader berufenen Keeperin dazu bei. Das verschafft den Trainern aber auch die Qual der Wahl.

Die Breite, die verschiedenen Typen beinhalten viele Chancen und Varianten, die das THC-Team aktuell ebenso im Feldspiel prägen. Aber vor allem steckt ungeheurer Kampfgeist in ihr. „Dass wir so fighten und uns selbst im Training gegenseitig bekämpfen, lässt uns näher zusammenrücken“, sagt Roth. Der Kämpferin, die international spielen will, gefällt gerade das sehr gut. Und es bestätigt sie, den Schritt von Metzingen im Sommer zum THC gegangen zu sein. Vor allem bestätigt es die beiden Müllers. „Wir lieben solche Mannschaften und Spielerinnen, die hart arbeiten wollen“, streicht Helfried Müller die Bereitschaft aller hervor. Ob in den täglichen Einheiten oder im Spiel.

Um weiter an der Physis zu arbeiten, gab es in der Länderspielwoche noch einmal fordernde Einheiten – und ein freies langes Wochenende als kleiner Lohn für den tollen Start.

„Wir dürfen aber nicht nachlassen. Es gibt an etlichen Stellschrauben noch etwas zu drehen“, stellt Helfried Müller klar und ergänzt. „Die Saison ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ – Laufen, jedenfalls, können die Spielerinnen.

  • Thüringer HC – BSV Zwickau, Mittwoch, 19.30 Uhr, Salzahalle, Bad Langensalza;
  • Chambray Touraine – Thüringer HC, Samstag, 20 Uhr (Rückspiel am 16. Oktober, 14 Uhr, in Nordhausen)

Das könnte Sie auch interessieren: