Steffen Eß über die Spiele von Tokio.

Einen halben Tag im Sattel, immerzu im Kreis: Das einzige Zwölf-Stunden-Rennen hat den Bahnradfahrern am 13. April 1896 den längsten Atem der olympischen Geschichte abverlangt. So sehr, dass von sieben Männern fünf aufgaben. Auf den Tag genau 125 Jahre nach der letzten Entscheidung der ersten Sommerspiele ist der Kampf um das Wiedersehen der olympischen Bewegung in Tokio weiter die größte Kraftprobe.

Bei allen Anstrengungen der Japaner mit ihrer Notrettung bleiben Zweifel. Noch 100 Tage sind es am Mittwoch bis zur Eröffnungsfeier am 23. Juli. Wenig Zeit für riesige Herausforderungen, eine sichere Wettkampf-Umgebung zu schaffen. Schon jetzt ist klar, dass die Spiele trotz der verwehrten Einreise von Fans dem größten Risiko unterliegen und viel Glanz einbüßen.

Drohende Gefahren durch Virus-Mutationen, unterschiedliche Impfstrategien, unklare Schutzkonzepte: Corona gibt der Welt ein Gefühl der Ohnmacht und macht es den Japanern umso schwerer. Sie kämpfen gegen das Virus, den Corona-Blues und Olympia-Frust. Die Infektionszahlen steigen, nur ein geringer Teil der Bevölkerung ist geimpft, der Rückhalt fürs Ringe-Spektakel tief gesunken. Nur jeder vierte Japaner ist noch dafür, der Rest zwiegespalten zwischen Absage und Verschiebung.

Doch eine zweite Verlegung ginge mit neuerlichen Mehrkosten allein für Mieten, Personal, Ausrüstung und Lagerflächen von etwa 1,6 Milliarden Euro einher. Ob Japan dazu bereit ist?

Es braucht schnell Lösungen und wohl eine bevorzugte Impfung für die Teilnehmer. Das Rennen um Olympia in Tokio ist eines gegen die Zeit, ein Aufgeben aber keine Option.