Erfurt. Die Nacht ist kurz gewesen – und lang. Stunden hat Trainer Herbert Müller im Bus und danach zugebracht, das Spitzenspiel in Ludwigsburg zu analysieren und den Blick auf die Megaaufgabe in Astrachan zu lenken.

Die Niederlage bei Bietigheim (25:28) wird wohl noch das eine oder andere Mal ins Blickfeld rücken.

Der Aufsetzer von Iveta Koresova ist abgefälscht und eigentlich über Bietigheims Torfrau Dinah Eckerle hinweg. Auf dem Boden macht sie sich blitzschnell noch einmal lang – und kratzt den Ball irgendwie noch von der Linie – zum Leidwesen der THC-Handballerinnen.

Die Szene in der 57. Minute ist der Moment des Spitzenspiels zwischen Bietigheim und dem Thüringer HC gewesen. Einer, der symbolisch für den Unterschied in Ludwigsburg stand: ein Eckerle-Moment, den die Bietigheimerin nicht erwartet hatte. „Ich war selbst überrascht von meiner Schnelligkeit“, erzählte die 24-Jährige. Und wenngleich ihr nicht alles gelungen war, konnte die Nationaltorhüterin für sich beanspruchen, dem Gipfeltreffen die Krone aufgesetzt zu haben. THC-Trainer Herbert Müller sprach im Anschluss davon, die einstige THC-Torhüterin zur „absoluten Weltmeisterin“ geworfen zu haben.

Ihre Parade kurz vor Schluss besaß Wirkung. Die Torfrau verhinderte so, dass der THC beim 23:26 noch einmal herankam und am Ende beim 25:28 (10:14) die zweite Niederlage der Bundesliga-Saison quittieren musste. „In dem Moment hätten wir die Partie drehen können“, ärgerte sich Müller nicht nur über das fehlende Glück in der Situation, sondern über das fehlende Vermögen. Der Heber von Lydia Jakubisova im Anschluss an die Latte passte ins Bild, zu wenig aus den Angriffsaktionen gemacht zu haben.

„Wir haben es nicht geschafft, die Schlüsselmomente für uns zu nutzen“, betonte Müller und attestierte der Mannschaft zudem „unfassbar einfache Fehler“.

Durch die konnte sich Bietigheim kurz vor Ende der ersten Hälfte auf vier Tore absetzen (14:10). „Wir haben das Spiel durch unsere eigene Schuld verdaddelt“, stand für Müller fest. Und ebenso, dass dem Team der Drang fehlte, den Sieg zu erzwingen. „Von Meisterschaft brauchen wir im Moment nicht zu reden.“ Umso mehr stellt er diesen unbedingten Willen in den Vordergrund, wenn es am Freitag schon Richtung Russland geht.

In Astrachan wartet am Sonntag mit dem körperbetont spielenden Team von Astrakhanochka in der dritten Qualifikationsrunde des EHF-Cups gleich die nächste heftige Prüfung. Die Mannschaft hat in der Meisterschaft am Dienstag gegen Togliatti gewonnen, das laut Müller stärker einzuschätzen ist. In der Nacht hat er es noch gesehen, ehe das Bietigheim-Spiel im Netz hochgeladen war. Die Messlatte am Sonntag liegt hoch, höher als in Ludwigsburg.

HC Astrakhanochka – Thüringer HC, Sonntag, 13 Uhr