Tignes. Was für ein Chaos bei der Tour de France! Die 19. Etappe muss nach einem heftigen Wolkenbruch abgebrochen werden. Schon vorher geht es drunter und drüber zu. Mitfavorit Thibaut Pinot muss aufgeben, Gelbträger Julian Alaphilippe bricht ein.

Wetter-Chaos statt Alpen-Spektakel bei der Tour de France: An einem Tag für die Geschichtsbücher musste die 19. Etappe nach sintflutartigen Regen- und Hagelschauern am Freitag abgebrochen.

Die Abfahrt des Col d‘Iseran war nach einer riesigen Schlammlawine nicht mehr passierbar. Ein großes Räumfahrzeug versuchte die Schlamm- und Wassermassen von der Straße zu schaffen, die Fahrer wurden gerade noch rechtzeitig von der Tour-Organisation gestoppt.

Damit endete eine denkwürdige Etappe im Chaos. Denn schon vor dem Wolkenbruch war es drunter und drüber gegangen. Erst musste Frankreichs Mitfavorit Thibaut Pinot unter vielen Tränen das Rennen aufgeben, ehe am vorletzten Anstieg dessen Landsmann und Gelbträger Julian Alaphilippe einen kleinen Einbruch erlitt. Auch Deutschlands Rundfahrt-Hoffnung hatte den Franzosen bereits abgehängt und an der Spitze fuhr Egan Bernal seinem ersten Etappensieg und dem Gelben Trikot unwiderstehlich entgegen.

Die Renn-Jury entschied zunächst, dass die Zeitabstände auf dem Iseran genommen werden. Damit hat sich Buchmann wieder in die Top Fünf katapultiert. Zwei Tage vor dem großen Finale auf den Champs Élysees scheint für den 26-Jährigen vieles möglich. Der große Favorit auf den Triumph in Paris ist aber nun Bernal, der damit auch den Machtwechsel im Ineos-Team vollzogen hat. Mit im Rennen sind auch noch der britische Titelverteidiger Geraint Thomas und der Niederländer Steven Kruijswijk aus dem Tony-Martin-Team Jumbo Visma.

Teamchef Denk: Die Jury hat eine ganz gute Lösung gefunden

„Es ist die absolut richtige Entscheidung. Die Jury hat eine ganz gute Lösung gefunden, in dem sie die Zeit auf dem Iseran genommen hat. Emanuel hat wieder eine tolle Leistung gezeigt. Auch Gregor Mühlberger. Er ist fast den ganzen Iseran bei Emanuel geblieben“, sagte Buchmanns Teamchef Ralph Denk.

Jetzt schaut alles auf den Schlussakt am Samstag, wenn die letzte Bergankunft in Val Thorens ansteht. „Der Berg ist extrem schwer. Das sind 1900 Höhenmeter. Da wird jeder fahren, was geht. Ich denke, das ist der Showdown“, sagte Buchmann mit Blick auf die Kletterpartie am Samstag und Denk ergänzte: „Jeder wird noch mal alles, was er hat, in die Waagschale werfen. Sicher auch Emanuel, denn das Podium ist nicht weit weg.“

Einen Vorgeschmack gab es bereits am Freitag, als es zunächst über die höchste in Europa zu befahrene Passstraße ging. Und da ging es schon zur Sache. Erst attackierte Thomas, dann Bernal. Das war zuviel für Alaphilippe, der abreißen lassen musste. Lennard Kämna musste indes für seinen starken Auftritt am Donnerstag bezahlen, der Viertplatzierte von Valloire war bereits am Iseran abgehängt. Das galt auch für Kolumbiens Nairo Quintana, dem Sieger vom Donnerstag.

Der ultimative Wahnsinn steht am Samstag bevor

Das französische Drama nahm bereits früh seinen Lauf. Gut 85 Kilometer vor dem Ziel stieg Pinot unter Tränen vom Rad. Ein Muskelfaserriss im linken Oberschenkel beendete alle Träume des 29-Jährigen, der seit Jahren der große Pechvogel ist. Der Tour-Dritte von 2014, der noch nie in seiner Karriere das Gelbe Trikot getragen hatte, musste bei seiner siebten Teilnahme bereits zum vierten Mal die Rundfahrt vorzeitig aufgeben. 2016 stoppte ihn eine Bronchitis. Besonders bitter war sein Aus beim Giro d‘Italia 2018, als er zwei Etappen vor Schluss Gesamtdritter war, ehe ihn eine Lungenentzündung stoppte.

In diesem Jahr schien seine Stunde zu schlagen. Der Fahrer des Teams Groupama-FDJ hatte am vergangenen Wochenende bei der Bergankunft zum Tourmalet hinauf triumphiert und galt danach bei vielen Experten als großer Favorit auf den Toursieg - am Freitag war alles vorbei.

Der ultimative Wahnsinn steht nun am Samstag bevor, wenn auf dem 33,4 Kilometer langen Schlussanstieg nach Val Thorens hinauf die Entscheidung über den Sieger der 106. Tour de France fällt. 5,5 Prozent geht es für die Fahrer zum 2365 Meter hohen Alpen-Riesen hinauf. Ein Anstieg, den sich Buchmann in der Vorbereitung genau angeschaut hat.