Erfurt. Erst erfolgreich als Fußballer und Referee, hat sich Sebastian Blasse vom TSV Kerspleben nun dem Pfeifen und Trainersein verschrieben.

Die Fußballwelt in Thüringen ist klein. Schiedsrichter Uwe Coccejus ist, wie Sebastian Blasse sagt, der beste Kumpel seines Vaters. Coccejus sprach den damals 14-jährigen Blasse-Filius an, ob er nicht Unparteiischer werden und sich so ein wenig das Taschengeld aufbessern wolle. Nicht ganz uneigennützig, denn der TSV Kerspleben, bei dem Blasse Fußball spielte, hatte Schiedsrichtermangel. Zusammen mit zwei Freunden ließ er sich ausbilden, wobei er die Tätigkeit als Schiedsrichter zunächst nur „nebenbei“ betrieb und weiter kickte. Mit Freunden hob er sogar eine neue zweite Mannschaft aus der Taufe, mit der er innerhalb von vier Jahren dreimal aufstieg.

Auch als Schiedsrichter stieg er rasch auf: erst in die Regional-, 2012 in die Landesklasse. Das war das Jahr, in dem er die Fußballschuhe endgültig an den berühmten Nagel hing, obwohl der damalige Trainer in der Kreisoberliga von ihm überzeugt gewesen sei. Nun hatte das Schiedsrichterwesen Priorität, wozu ihn die Begleitung von Uwe Coccejus und vor allem die Fahrten mit Swen Eichler, der Blasse nach eigenen Worten geprägt hat, als Assistent in der Landesliga motivierten.

Weiter voran in der Entwicklung brachte den Erfurter auch die Zeit in der Fördergruppe „Rennsteiger“ des Thüringer Fußball-Verbandes. So erreichte er 2017/18 den Aufstieg in die Thüringenliga. Der heute 30-Jährige schätzt die Gesamtzahl der Einsätze seit 2004 auf etwa 870.

14 gelbe Karten gaben ihm zu denken

Zwei Begegnungen bleiben in besonderer Erinnerung. Beim Landesklasse-Match zwischen Neuhaus-Schierschnitz und Steinbach-Hallenberg 2013 zeigte er gleich 14-mal die gelbe Karte. „Da war ich richtig überfordert und bin völlig baden gegangen“, gibt er heute ehrlich zu. Hinterher gab es eine lange Auswertung. Dieses Negativerlebnis habe ihn geprägt und er habe seine Schlüsse gezogen, sagt er rückblickend. Jetzt komme er mit wenigen Verwarnungen aus. „Ich denke jetzt mehr nach, bevor ich eine Karte zücke.“

Als positive Erfahrung hat er das Viertelfinale im Landespokal zwischen Wismut Gera und Wacker Nordhausen am 2017 als Assistent von Daniel Bartnitzki verinnerlicht. „Das war ein richtig gutes, temporeiches Spiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen, reichlich verbaler Kommunikation, auch mit den Trainerbänken. Das hat viel Spaß gemacht.“

Der Frage nach den eigenen Stärken weicht Sebastian Blasse nicht aus: „Ich bin sehr ehrgeizig, will immer mein Bestes geben und gehe voll konzentriert an meine Aufgabe. Aber das schließt nicht aus, dass man humorvoll ist. Ich leite gern in einer lockeren Art. Es ist ja immer noch unser Hobby. Und wenn ich mal einen Fehler mache, gebe ich den auch zu. Wenn ich ehrlich zu den Spielern bin, sind sie das ebenfalls und entschuldigen sich schon mal für eine Aktion. Ich habe viel mit Shakehands gearbeitet und bin damit gut gefahren.“

Neue Struktur wegen der Tochter

Beruflich qualifizierte sich Blasse nach der Elektriker-Ausbildung zum Techniker. Der ledige Vater einer knapp einjährigen Tochter sagt, dass sich durch die Geburt des kleinen Mädchens einiges verändert habe. „Ich trete im Allgemeinen etwas kürzer und bin auch im Kreisschiedsrichter-Ausschuss Erfurt nicht mehr so aktiv wie früher. Dennoch führe ich Beobachtungen im Kreis durch und begleitete junge Schiedsrichter als Pate bei ihren ersten Spielen. “

Zwei Jahre leitete er hier die Nachwuchsgruppe im Fußballkreis Erfurt-Sömmerda. Zuletzt hat er Julian Göpfert dabei begleitet. Im Verein trainiert der C-Lizenz-Trainer mit zwei anderen Mitgliedern sehr erfolgreich zwei Junioren-Mannschaften.

Zeit, noch andere Hobbys zu pflegen, bleibt Blasse, wenn Corona nicht alles bestimmt, nur wenig. Neben dem dreimaligen Nachwuchstraining und zwei Jugendspielen am Wochenende sowie mindestens einem Einsatz als Schiedsrichter – oft werden es kurzfristig mehr – ist seine Freizeit völlig ausgefüllt. Manchmal reicht sie noch zum Schwimmen oder Fahrradfahren. Keine Luft lässt er jedoch an das Volleyballspiel am späten Sonntagabend mit Freunden. Und durch die Pandemie hat er Darts für sich entdeckt.

„Ohne Bewegung kriege ich die Krise“

Was macht Corona mit Sebastian Blasse? Er sagt uns: „Ich merke eigentlich Corona gar nicht, weil ich weder im Beruf noch im Familienleben Einschränkungen habe. Das einzige ist das Hobby, das komplett ruht. Meine Freundin sagt, dass ich deshalb unausgeglichen sei. Ich brauche eben die Bewegung nach der Büroarbeit, sonst kriege ich die ‚Krise‘. Deshalb gehe ich regelmäßig mit dem Hund raus und jogge. Aber auf Dauer ist das doch nichts.“

Die Entschädigung als Schiedsrichter ist auch nach 16 Jahren weiterhin kaum mehr als ein Taschengeld. Es reicht noch nicht mal für ein Essen mit der Freundin in einem guten Restaurant. Aber Sebastian Blasses Motivation, Schiedsrichter zu sein, hat, wie bei den meisten Unparteiischen in seinem Alter längst keinen finanziellen Hintergrund mehr.