Erfurt. Hans Renner ist der legendäre Erfinder der Skisprungmatten. Zu seinem 100. Geburtstag am 9. August ist eine Gedenkfeier geplant.

Skispringen im Sommer ganz ohne Schnee – davon träumten Generationen von Wintersportlern. Ermöglicht hat dies vor exakt 65 Jahren eine Erfindung von Hans Renner aus Zella-Mehlis.

Der am 9. August 1919 im Örtchen Bärringen auf der heute tschechischen Seite des Fichtelbergs geborene Renner war bereits als 18-Jähriger in die deutsche Springer-Nationalmannschaft aufgestiegen und später der Liebe wegen nach Zella-Mehlis umgesiedelt. Im Zweiten Weltkrieg geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft und konnte nach fünfjähriger Lagerhaft in Sibirien erst 1949 wieder nach Hause zu seiner Frau Gretel und der gemeinsamen Tochter zurückkehren.

Später frönte er wieder dem Schanzensport, wurde 1954 Dritter bei den DDR-Meisterschaften. Im gleichen Jahr wurde er auch Trainer der Nationalmannschaft und erlebte 1954 bei den Weltmeisterschaften in Falun ein Debakel. Der nicht mit ihm verwandte Franz Renner wurde als 51. unter 69 Startern Bester des DDR-Skispringer-Trios. Harry Glaß (53.) und Werner Lesser (64.) landeten noch weiter hinten. Auswahltrainer Renner stachelten die ernüchternden Ergebnisse zur intensiven Suche von Möglichkeiten an, die seine Schützlinge international konkurrenzfähiger machen könnten. Er war davon überzeugt, dass ganzjähriges Training ein Schlüssel dafür sei. Die weltweit führenden Skandinavier hatten durch ihre langen Winter deutlich mehr Gelegenheiten zum Training und für Wettkämpfe.

Hans Renner bei den Skiweltmeisterschaften im Jahr 1954.
Hans Renner bei den Skiweltmeisterschaften im Jahr 1954.

Renner testete viele Materialien, auf denen man Skisprünge im Sommer absolvieren konnte. Mehr durch einen Zufall fand er die Lösung. Renner rutschte auf einem nassen Fußabtreter mit PVC-Borsten vor seiner Haustür in Zella-Mehlis aus. Die Friedrichrodaer Firma Elaston Saller und Co. stellte die Abtreter und Straßenbürsten mit PVC-Borsten her und produzierte nach Renners Vorstellungen auch die Matten als Schanzenbeläge.

Am 25. August 1954 waren es elf Skispringer aus seiner Zella-Mehliser Trainingsgruppe, die erstmals auf einer Schanze mit auf Latten genagelten PVC-Borsten sprangen. Premierenspringer in der Gruppe mit dem späteren Olympiasieger Helmut Recknagel war Harald Pfeffer, der bei 23 Metern landete.

Renner, der später zum Zella-Mehliser Ehrenbürger ernannt wurde, war sich sicher, dass er die Lösung gefunden hatte. Bereits 13 Wochen später, am 21. November, war die Oberhofer Jugendschanze unter Renners Anleitung mit Matten ausgestattet und 15.000 Zuschauer erlebten das erste offizielle Mattenspringen der Welt. Seitdem traten die Skisprung-Borstenmatten einen Siegeszug um die Welt an. Renner ließ sich die Erfindung patentieren, die für viele Jahre ein willkommener Devisenbringer für die DDR war.

Noch wichtiger war für den von seinen Schützlingen als „harter Hund mit weichem Herz“ beschriebenen Trainer aber der sportliche Aufschwung.

Zwei Jahre nach dem WM-Debakel gewann Harry Glaß in Cortina d‘Ampezzo Olympia-Bronze. Werner Lesser belegte den achten Platz. „Hans Renner hat mit der Erfindung der Matten eine neue Ära des Skispringens eingeläutet“, sagte Lesser später. Helmut Recknagel, 1960 der erste Skisprung-Olympiasieger aus Mitteleuropa, geht noch weiter: „Ohne Hans Renners Erfindung hätten wir und alle uns nachfolgenden Generationen nie auch nur ähnliche Erfolge feiern können.“

In diesem Jahr ist zu Hans Renners 100. Geburtstag am morgigen 9. August eine Gedenkfeier am Schwarzen Hügel neben der weltweit ersten mit Matten belegten Schanze und dem dortigen Hans-Renner-Gedenkstein geplant, die eingebettet ist in die 100-Jahr-Feier von Zella-Mehlis. Für das Gedenken an den Ehrenbürger der Stadt angekündigt haben sich an der Spitze mehrerer Generationen Thüringer Weltklasse-Skispringer, un­ter anderem die Vierschanzentournee-Gesamtsieger Horst Queck und Rainer Schmidt sowie die ehemaligen Skiflug-Weltrekordler Peter Lesser und Manfred Wolf.