Bad Langensalza. Das Spiel von THC-Linksaußen Nina Neidhart ist nicht immer schmerzfrei, aber gut anzusehen. Warum sie nun nach Österreich zurückkehrt, hat weniger mit dem ein oder anderen blauen Fleck zu tun.

Keine rollt nach einem Wurf von außen so elegant über die Schulter ab wie Nina Neidhart. Ihre markanten Toraktionen werden den Anhängern des Thüringer HC fehlen. Mehr noch. Mit ihr muss der Verein ein großes Talent ziehen lassen, vielleicht die Entdeckung dieser Spielzeit.

„Was Nina in dieser Saison für eine Entwicklung genommen hat, ist fantastisch“, erklärte Herbert Müller vor zwei Tagen erst wieder. Dieser Satz ließ sehr viel durchklingen. Über die Wertschätzung, die die 19-Jährige beim THC-Trainer genießt. Aber auch über den Verlust, wenn sie nach einem Jahr den siebenmaligen deutschen Meister wieder verlässt.

Das Lob nimmt die junge Österreicherin gern mit. Umstimmen aber könnte es sie nicht. Die Entscheidung, in die Heimat Mödling bei Wien zurückzukehren, ist schon vor einiger Zeit gefallen. Und sie hat nichts mit Handball zu tun. Ihr Traum ist ein Studium im medizinischen Bereich. Es sei nicht der Plan gewesen, gleich wieder zu gehen. „Ich wollte eigentlich hier etwas studieren. Durch Corona aber ging das nur online. Das hat alles erschwert“, erklärt die junge Nationalspielerin ihre Beweggründe. Inwieweit sie sich nach der vorzeitigen Vertragsauflösung einem anderen Team anschließt, ist offen. Den Traum von WM-Einsätzen träumt sie nach der geschafften Qualifikation noch.

Talent zahlt Vertrauen mit 138 Toren zurück

„Sehr schwergefallen“ sei es ihr die Entscheidung. „Ich verlasse den THC mit einem weinenden Auge. Ich habe mich persönlich und vor allem auch handballerisch weiterentwickelt. Ich bin dem gesamten Team und vor allem auch meinen Trainern extrem dankbar“, meint Neidhart vor ihrem letzten Spiel an diesem Samstag im THC-Trikot.

Mit 19 ist sie die Drittjüngste im THC-Team nach Laura Kuske (19) und Arwen Rühl (18) – und in den Planungen des THC-Trainers von Beginn an eine feste Größe gewesen. Ihre Bilanz von 123 Toren in 38 Spielen belegt ein zurückgezahltes Vertrauen.

Wie wichtig die Blondine ist, hat sie zuletzt am Mittwoch beim 36:29 (20:14) gegen Neckarsulm eindrucksvoll nachgewiesen. Bei insgesamt sieben Toren und nicht einem Fehlwurf bildete sie vor allem in der ersten Hälfte einen Garanten, dass die THC-Frauen ein vorentscheidendes Polster herauswerfen können. „Aber es ist nicht so, dass ich nicht noch besser sein könnte“, sagt die 19-Jährige selbstkritisch. Manch vertane Riesenchance während der Saison ärgert sie im Rückblick immer noch. „Nach hinten muss ich noch mehr arbeiten“, merkt sie an.

Voraussetzung für Platz vier: Heimsieg und ein bisschen hoffen

Damit legt sie für sich einen hohen Maßstab vor dem Saisonfinale an. Gegen Bad Wildungen hat ihr Team am Samstag ein letztes wichtiges Spiel vor Augen. Im verzerrten Tabellenbild ist dem THC als Momentan-Vierter der avisierte fünfte Platz nicht mehr zu nehmen. Der bedeutete im Falle eines zweiten deutschen Startplatzes für die Champions League die Qualifikation zur European League. Mit Rang vier wären die Thüringerinnen sicher in Europa dabei.

Das setzte voraus, dass Blomberg-Lippe als Dritter oder Metzingen als Fünfter eines von jeweils noch zwei ausstehenden Spielen verliert. Und Basis wäre, dass die THC-Frauen ihre Aufgabe gegen den Elften lösen. Nichts anderes lässt Herbert Müller gelten. „Jetzt wollen wir ein bisschen mehr“, schärft er den Blick, den Abschluss konzentriert anzugehen.

Wehmut ist dabei. Das Saisonfinale ist eines des Abschieds. Mit Iveta Koresova, Ina Großmann (Laufbahnende), Marie Davidsen (CSM Bukarest) und Marketa Jerabkova (Kristiansand) gehen weitere Spielerinnen.

„Ich freue mich trotzdem aufs letzte Spiel“, sagt Nina Neidhart, obgleich es vielleicht nicht schmerzfrei ausgeht. Das feine Abrollen hinterlässt schon auch mal blaue Flecke. Zuvor möglichst lange in der Luft zu stehen, um den Wurf am besten zu platzieren, ist ihr das allemal wert.

Saisonfinale: Thüringer HC – Bad Wildungen, Samstag, 18 Uhr