Weimar. Der Tischtennis-Topfunktionär Thomas Weikert ist neuer Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Um kurz vor drei am Sonnabendnachmittag war es Gewissheit: Thomas Weikert heißt der neue Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Der Wechsel an der Spitze des deutschen Sports war vollzogen.

Die Mitgliederversammlung des DOSB in Weimar hob den 60-Jährigen mit 361 von 423 abgegebenen Stimmen ins Amt. Weikert folgt auf Alfons Hörmann, der nach achtjähriger Amtszeit nicht wieder kandidiert hatte, nachdem ein anonymer Brief aus dem Kreis seiner Mitarbeiter ein „Klima der Angst“ in der Verbandszentrale angeprangert hatte.

Neben Tischtennis-Funktionär Weikert hatte sich Claudia Bokel, Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes, um den DOSB-Vorsitz beworben. Die 48-Jährige war in Weimar nicht zugegen und nahm per Videoschaltung an der Versammlung teil. Für Bokel stimmten 56 Delegierte. „Jetzt packen wir’s gemeinsam an, dann kommen wir auch voran“, reimte der neugewählte Präsident unfreiwillig und spontan und reichte der unterlegenen Mitbewerberin symbolisch die Hand: „Claudia, ich möchte auf deine Expertise nicht verzichten.“

"In Pandemie auf Schulsport nicht verzichten"

Der favorisierte Weikert hatte eine überzeugende Bewerbungsrede gehalten, sprach anders als Bokel die drängenden Probleme konkret an: etwa die „Stimme, die der Sport in Berlin brauche“, die Arbeit an der Basis und den Schulsport, den man „auch in der Pandemie niemals schließen“ dürfe. Der Jurist mahnte eine Architektur des deutschen Sports an. Manchmal müsse der DOSB Entscheider sein, manchmal Impulsgeber: „Wir können nicht für jeden alles sein.“

Keine Aussprache über Vorwürfe gegen Hörmann

Die große Aussprache in Weimar freilich blieb aus, weil sowohl Hörmann als auch die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker kurzfristig auf die Reise nach Thüringen verzichtet hatten. Hörmann tat es „auf ärztliches Anraten“. Der Protagonist der Krise hatte sich vor zwei Wochen mit dem Coronavirus infiziert und noch nicht wieder vollständig davon erholt. Hörmanns Beitrag beschränkte sich auf ein Zeitungsinterview, in dem er sich und das Präsidium erneut als Opfer eine Intrige sieht.

Alles andere als normal. So hatte DOSB-Vize Kaweh Niroomand diese 18. Mitgliederversammlung in seiner Begrüßung beschrieben. Eine Tagung, die während ihrer mehr als vierstündigen Dauer dem Prinzip folgte: so viel wie nötig, so kurz wie möglich. Die Tagesordnung reduziert, die Delegierten auf Abstand im großen Saal der Weimarhalle unter sich, nur ein Livestream nach draußen.

Die Umstände illustrierten gut die Distanz, die die Führungsebene nach Weimar mitgebracht hatte. Auch darum beschwor Weikert Teamgeist, Transparenz und Offenheit. Die Zukunft von Deutschland brauche Sport, sagte Weikert: „Aber auch Sport in Deutschland braucht eine Zukunft.“

Kommentar: Flucht nach vorn