Neudietendorf. Thüringens Ligachef Stefan Werner fordert Verantwortung und Haftungsrisiko sollten entsprechend vergütet werden.

Thüringens neuer Liga-Vorsitzender, Parität-Landeschef Stefan Werner, befürwortet im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Skandals beim Liga-Mitglied Arbeiterwohlfahrt (Awo) eine ehrliche Debatte um Transparenz bei Mittelverwendung. "Diese darf aber nicht moralinsauer geführt werden", findet Werner, der seit vier Jahren an der Spitze des Paritätischen Thüringen steht.

Wenn gefordert werde, dass die Gehälter von Führungskräften überall dort öffentlich gemacht werden, wo mit Steuermitteln oder Geld aus Sicherungssystemen gearbeitet wird, genüge es im Prinzip nicht, nur die Managergehälter in Wohlfahrtsverbänden offenzulegen. Konsequenterweise "müsse das dann auch für Geschäftsführende anderer Institutionen und Unternehmen gelten, die sich aus öffentlichen Mitteln finanzieren", sagt Werner.

Zudem halte er den direkten Vergleich etwa mit dem Gehalt einer Pflegefachkraft in der Debatte über angemessene Manager-Einkünfte für nicht zielführend. Es müsse immer auch betrachtet werden, so der Verbandschef weiter, welche Personalverantwortung und Risiken jemand trage.

Werner persönlich ist davon überzeugt, dass er sich als Chef eines Sozialverbandes nicht mit privaten Unternehmen mit ähnlicher Mitarbeiterzahl und ähnlichem Umsatzvolumen vergleichen darf. "Ich habe mir diese Branche schließlich bewusst ausgesucht", so Werner. Diese Ansicht müssten aber die Chefs vergleichbarer Sozialunternehmen nicht zwingend teilen. Zu bedenken gibt Werner, dass Führungskräfte in Wohlfahrtsverbänden ein hohes Maß an Verantwortung schultern. Das solle sich auch in den Gehältern widerspiegeln, sonst riskiere man, dass sich niemand mehr finde, der bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen.

"Schwierig" findet Werner auch den Vergleich mit den Tarifen im öffentlichen Dienst, an denen sich beispielsweise der Awo-Bundesverband in seinem Regelwerk orientiert. Denn so trage beispielsweise ein Spitzenbeamter, der in einer hohen Besoldungsstufe eingruppiert sei, keine Personalverantwortung, er hafte auch nicht. "Deswegen sage ich auch, dass wir keine moralinsaure Debatte führen sollten", betont Stefan Werner.

Viel wichtiger finde er neben dem Gehalt die zum Beispiel vom geschassten Awo-Manager Michael Hack ausgehandelten und bisher ver- schwiegenen Gehaltsbestandteile wie etwa die üppige Altersversorgung. Werner geht davon aus, dass es ähnliche Vorfälle wie bei der Awo auch in anderen Unternehmen gibt, "nur standen die noch nicht in der Zeitung". Dazu habe mit ihren Weichenstellungen aber auch die Politik selbst beigetragen.

Etwa durch die 1996 erfolgte Privatisierung der Pflege, die dazu dienen sollte, den bereits seit 1980 bestehenden Pflegenotstand durch das freie Spiel der Kräfte am Markt zu beheben. Das aber habe den Pflegenotstand nicht nur nicht zu beseitigen vermocht, sondern auch dazu geführt, dass einige Pflegeanbieter jahrelang zu Lasten der Beschäftigten und zu Pflegenden hohe Renditen erwirtschafteten und riesige Einheiten entstanden. "Wenn man es allein den Markt regeln lässt, sind solche Entwicklungen wie bei der Awo möglich", sagt Werner.

Die Liga, deren Vorsitz er turnusgemäß für zwei Jahre übernimmt, habe das Thema Transparenz und Transparenzregister in den zu- rückliegenden Monaten sowohl mit der Sozialministerin als auch im Zuge der Haushaltsgespräche mit nahezu allen Fraktionen angesprochen. "Wir prüfen im Moment auch das Thema ‚Transparente Zivilgesellschaft‘ für die Liga. Der Paritätische ist dieser Initiative, die der Bekämpfung von Korruption dient, schon bei- getreten. Das ist eine sehr gute Sache."

Der Liga Thüringen gehören die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, darunter Awo, Parität und Caritas an. Bisheriger Vorsitzender war Oberkirchenrat Christoph Stolte, der künftig die Funktion des Stellvertreters inne hat, bisheriger Vize war Awo-Landesgeschäftsführer Ulf Grießmann.