Berlin/Künzelsau. Der Milliardär sagt, warum es gut ist, dass die Regierung wie ein Hühnerhaufen durcheinanderrennt – und gibt Mitarbeitern einen Rat.

Der als Schraubenkönig bekannte Unternehmer Reinhold Würth hat sich offen gegen die AfD gestellt. In einem fünfseitigen Brief an die mehr als 27.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Würth-Gruppe in Deutschland appelliert der 88 Jahre alte Firmengründer an die Beschäftigten, nicht die AfD zu wählen. „Überlegen Sie, wem Sie bei den verschiedenen Wahlen Ihre Stimme geben. Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude, Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampel-Regierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig“, schreibt der Unternehmer Reinhold Würth in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt.

Weltweit arbeiten rund 87.000 Menschen in dem milliardenschweren Konzern, der als Weltmarktführer für den Vertrieb von Montage- und Befestigungsmaterial gilt. Normalerweise äußere er sich nicht zu politischen Themen, so Würth. „Aber in diesem Fall der AfD sehe ich mich in Übereinstimmung mit Abermillionen deutschen Bürger“ und „schließe mich diesem Protestzug voll an“.

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Würth warnt vor Geschichtsvergleichen und sieht in der heutigen Zeit keine Parallele zur Weimarer Republik. „Im Gegensatz zur Weimarer Zeit muss in unserer heutigen Bundesrepublik kein Mensch hungern oder frieren“, so Würth. „Die Sozialeinrichtungen des Bundes und der Länder überschütten geradezu die Bedürftigen mit Hilfsangeboten. Der Normalfall ist aber, dass heute die Bürger in Deutschland wohl etabliert ein eher freiheitliches Leben leben können und einen guten oder mindestens angemessenen Arbeitsplatz haben.“

Schraubenkönig: „Bürger können ein eher freiheitliches Leben leben“

Würth verweist auf den Wohlstand in Deutschland, die Gesundheitsvorsorge, die deutlich kürzeren Arbeitszeiten als in vielen anderen Ländern, das Wahlrecht. „Ich frage Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Was will die AfD im Rahmen dieses Systems ändern?“ Das Fazit von Würth: „Meine Empfehlung ist: Lassen Sie uns im heutigen System unseres so wunderbaren Grundgesetzes mit unseren unterschiedlichen Meinungen, Vorstellungen und Ideen weiter zusammenleben. Und schätzen wir wieder, was wir haben: eine Familie, einen Arbeitsplatz, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus, Urlaubsziele, absolute Bewegungs- und Reisefreiheit und die politische Vielfalt der demokratischen Parteien.“

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AfD-Abgeordnete forderten laut Würth aber die Abschaffung des „Parteienstaats“: „Das heißt, man würde mindestens eine Demokratur oder gar eine Diktatur einführen. Wollen wir uns das antun?“ Aus der AfD kamen als Reaktion auf den Appell kritische Töne. Der Berliner AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann fragte auf X (vormals Twitter): „Seit wann entscheidet der Arbeitgeber, wen die Mitarbeiter wählen dürfen?“ Der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) bedankte sich hingegen bei Würth für dessen „klare Haltung“.

Appell gegen AfD: Kritik und Lob für die Bunderegierung

Würth übt auch Kritik an der Bundesregierung: „Ist es nicht wunderbar, dass unser Deutschland eine Ampel-Regierung aushalten kann, die in vielen Teilen wie ein Hühnerhaufen durcheinanderrennt und doch trotzdem das eine oder andere positive Gesetz auf den Weg bringt?“ In Bezug auf die Ukraine stellt sich Würth hinter Olaf Scholz: „Ich selbst habe einen hohen Respekt vor Herrn Bundeskanzler Scholz, weil er die Taurus-Marschflugkörper nicht aus Deutschland herausgibt.“

Würth steht mit seiner Familie und einem geschätzten Vermögen von 27,5 Milliarden Dollar laut Forbes auf Platz 47 der weltweit reichsten Menschen. Er ist immer noch täglich in seinem Unternehmen präsent und Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats. Angefangen in einer Schraubengroßhandlung mit seinem Vater, baute Würth den Konzern auf. Er ist zudem großer Kultur-Mäzen mit 15 Museen und einer Sammlung mit rund 20.000 Kunstwerken.