Erfurt. Die Sorge vor dem Coronavirus hat zunehmend Auswirkungen auf die Thüringer Wirtschaft und sorgt etwa bei Hotels und Gaststätten für einen deutlichen Umsatzrückgang.

Übernachtungen würden deutlich weniger gebucht und häufig auch storniert. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hervor, an der sich auch 400 Thüringer Unternehmen beteiligt haben. Danach haben Dreiviertel der Betriebe Umsatzeinbußen. Neun von zehn Hotels und Pensionen melden Rückgänge bei Neubuchungen.

Das Thüringer Gastgewerbe habe daher wenig Verständnis für die Panikmache, heißt es. Insbesondere die Absage der Internationalen Tourismusbörse (ITB) habe eine negative Signalwirkung gehabt, weil dadurch auch viele kleinere Events abgesetzt wurden. „Die Unternehmer erhalten täglich Absagen von bereits gebuchten Veranstaltungen aller Art und ebenso Übernachtungen. Die Folgen sind leider bislang nicht absehbar“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Dehoga Thüringen, Dirk Ellinger.

Erst am Freitag hatte die Erfurter Ibykus AG einen für den 25. März geplanten SAP-Anwenderdialog abgesagt. „Die Sicherheit und Gesundheit aller Mitarbeiter, Kunden, Partner und Gästen hat für uns oberste Priorität“, so das Unternehmen. Die Fachtagung soll im Herbst nachgeholt werden.

Mehr als 40 Prozent der Unternehmen spüren Auswirkungen von Corona

Nach einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Südthüringen sehen bereits mehr als 40 Prozent der Firmen spürbare Auswirkungen. 71 Prozent erwarten übers Jahr Beeinträchtigungen. Jedes vierte Unternehmen geht aufgrund der Virus-Erkrankungen für dieses Jahr von einem zweistelligen Umsatzrückgang aus. Neben dem Gastgewerbe sei davon in besonderer Weise auch die Reisebranche betroffen. Leidtragende seien nicht nur Industriebetriebe, die bereits durch die allgemeine Abschwächung der Konjunktur getroffen werden. Betroffen seien gerade auch die endverbraucherorientierten Wirtschaftszweige, die bislang die konjunkturelle Entwicklung gestützt haben, berichtet die Kammer.

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Durch Krankheitsausfälle der Mitarbeiter, Absagen von Messen und Veranstaltungen sowie die geringe Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen rechnen die Unternehmen mit erheblichen Beeinträchtigungen ihrer Geschäfte. „Die Unternehmen benötigen in dieser Situation schnelle und unbürokratische Hilfen des Staates“, sagt Jan Scheftlein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen. Auch wirtschaftlich gesunde Unternehmen könnten schnell in eine Schieflage geraten, wenn über Nacht der Umsatz wegbreche aber die Kosten blieben.

Forderung nach schnellen und unbürokratischen staatlichen Hilfen

Dies sieht auch Ellinger so. „Insbesondere die kleingeprägten Unternehmen im Gastgewerbe des Freistaates, welche mehr als 85 Prozent ausmachen, haben keinerlei wirtschaftliches Polster, um Umsatzausfälle, kompensieren zu können. Dies kann schnell zum Existenzrisiko für die Betriebe führen“, sagte der Dehoga-Hauptgeschäftsführer.

Die Verunsicherung im Thüringer Gastgewerbe sei groß. „Fragen des Schadensersatzes, der Situation und Folgen bei behördlichen Anordnungen, der Übernahme von Aufwendungen durch Versicherungen, Tilgungsaussetzungen bei bestehenden Verbindlichkeiten, die Regelungen zum Kurzarbeitergeld und die Lohnfortzahlung für Mitarbeiter und viele weitere, bedürfen einer Klärung“, fordert Ellinger. Auch er spricht sich für eine schnelle und unbürokratische Liquiditätshilfe für die Betriebe aus.