Berlin. Die Zahl der Baugenehmigungen bricht ein. Das sind für Kaufinteressenten und Mieter schlechte Nachrichten. Die Regierung wirkt hilflos.

Auf den ersten Blick wirken die Zahlen gar nicht so schlimm: Im vergangenen Jahr wurde der Bau von 354.400 Wohnungen genehmigt. Das ist von dem Ziel der Ampel-Koalition, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, nicht so weit entfernt.

Doch dieser erste Blick täuscht. Zum einen gibt es einen krachenden Abschwung, 26.300 Wohnungen weniger als noch vor einem Jahr wurden genehmigt. Damit bewegt sich das Niveau mittlerweile auf dem Stand von vor fünf Jahren. Zum anderen ist eine Baugenehmigung noch längst kein fertiges Gebäude. Der Bau von fast 850.000 Wohnungen hatte Ende 2021 grünes Licht, fertiggestellt sind sie aber nicht. Tendenz steigend.

Auf diesen Bauüberhang stützt sich häufig die Argumentation, wenn man sich die Misere auf dem Wohnungsmarkt schönrechnen will: Theoretisch könnte es jetzt richtig losgehen, die Genehmigungen sind da. Praktisch ist das jedoch Humbug.

Wohnen: Immobilienkauf rückt für viele in weite Ferne

Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent
Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Bei den Baufirmen hagelte es im vergangenen Jahr Stornierungen. In die Höhe geschossene Bauzinsen, Materialengpässe und eine höhere finanzielle Belastung durch Energiekrise und Inflation lassen vor allem für Privatpersonen den Immobilienkauf unattraktiv werden. Um fast 13 Prozent gingen 2022 die Genehmigungen für Privatpersonen zurück, vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser waren stark betroffen.

Der Traum vom Eigenheim ist für viele schlicht und ergreifend nicht mehr finanzierbar. Daran wird auch die geplante Wohneigentumsförderung der Bundesregierung nichts ändern. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will mit ihrem im Juni startenden Programm vor allem Familien mit kleinem Geldbeutel unterstützen. Das ist zunächst einmal begrüßenswert.

In normalen Zeiten wäre die Fokussierung konsequent

In Zeiten knapper Kassen muss der Bund wegkommen von der Gießkannenmentalität, mit der er Subventionen an alle verteilt. Im Bauministerium hat man Lehren aus dem Baukindergeld gezogen. Die im März 2021 ausgelaufene Förderung war äußerst beliebt. In den Monaten mit Baukindergeld gab es ein Viertel mehr Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser als im Vergleichszeitraum ein Jahr später.

Untersuchungen zum Baukindergeld zeigten damals: Das Haushaltbruttoeinkommen derer, die das Baukindergeld in Anspruch nahmen, lag im Mittel bei 45.000 Euro. Insofern wäre es in normalen Zeiten konsequent gewesen, die Förderung von ehemals maximal 90.000 Euro auf ein Haushaltseinkommen von 60.000 Euro herunterzuschrauben, wie es Geywitz nun macht.

Besserung ist nicht in Sicht

Auch ein Ende der Querfinanzierung bestens verdienender Firmen durch lasche Standards wäre angemessen. Nur sind die Zeiten auf dem Wohnungsmarkt alles andere als normal – weder für potenzielle Käufer noch für Mieter. Das Wohnungsangebot ist derart klein, dass sich Regulierungen wie die Mietpreisbremse problemlos umgehen lassen, indem immer mehr Mietverträge an die Inflation gekoppelt oder Wohnungen möbliert angeboten werden.

Besserung ist nicht in Sicht, sofern die Bundesregierung nicht grundlegend an ihrer Förderstrategie schraubt. Denn nicht nur Private nehmen Abstand vom neuen Eigenheim, auch viele Unternehmen treten auf die Bremse.

Nun genießen große Wohnungskonzerne oder in stitutionelle Anleger bei vielen Mieterinnen und Mietern zwar nicht den besten Ruf. Finanzieren sie aber keine neuen Wohnungen mehr, wird die herbeigesehnte Entspannung auf dem Mietmarkt ausfallen. Die öffentliche Hand alleine kann diese Lücke nicht ausgleichen. Für Mieter heißt das: Es wird teurer werden. Der Wohnungsmarkt kennt derzeit vor allem Verlierer.