Suhl/Erfurt/Gera. Thüringer Kammern befürchten das große Ladensterben. Händler dürfen Warenlieferungen teilweise nur gegen Vorkasse tätigen. Neue Verhandlungen mit der Landesregierung stehen an.

Die Thüringer Wirtschaft verhandelt mit der Landesregierung über Möglichkeiten zur Eindämmung der Corona-Pandemie ohne einen vollständigen Lockdown. "Wir haben der Regierung und Herrn Ramelow deutlich gemacht, welche gravierenden Folgen es hätte, wenn man die Axt am Fundament unserer finanziellen und gesellschaftlichen Stabilität ansetzt", sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen, Peter Traut.

Die bereits stillgelegten Branchen wie Handel, Gastgewerbe, Tourismus und Veranstaltungswirtschaft machen laut Traut rund drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Jetzt darüber nachzudenken, auch die 97 Prozent der anderen Wirtschaftszweige auf Eis zu legen, sei unverantwortlich.

Deshalb habe man in Gesprächen mit der Landesregierung angeboten, die Mitgliedsunternehmen noch einmal eindringlich aufzufordern, bei Hygieneregeln, Abstand, Desinfektion, Masken und Kontaktvermeidung nach zu schärfen, so Traut. Im Gegenzug werde das Land den Firmen kostenlose Tests zur Verfügung stellen. Eine entsprechende Vereinbarung könnte noch in dieser Woche abgeschlossen werden.

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"Wir sind mit der Landesregierung in einem konstruktiven Dialog", bestätigt auch die Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt, Cornelia Haase-Lerch. Nach den öffentlichen Äußerungen des Ministerpräsidenten über einen totalen Lockdown hätten in der Kammer die Telefone nicht mehr stillgestanden. "Firmenchefs haben sich erkundigt, ob sie schon einmal vorsorglich Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter beantragen sollen", schildert Haase-Lerch die Verunsicherung.

Gravierende Auswirkungen hat der aktuelle Lockdown auch auf viele Einzelhändler im Freistaat. "Wenn die Händler nicht binnen der nächsten vier Wochen zum dringend benötigten Geld kommen, geht in vielen Innenstadt-Läden das Licht aus", warnte der Suhler IHK-Chef Peter Traut vor Liquiditätsproblemen.

Das Geld müsse jetzt fließen, weil Lieferanten bereits nur noch gegen Vorkasse ihre Ware ausgeben würden. Eine Einschätzung, die die Kammer in Erfurt und in Ostthüringen teilen. "Gerade bei den Textil- und Schuhhändlern oder in den Spielwarengeschäften sind die Umsätze im Weihnachtsgeschäft komplett ausgefallen", verweist etwa Steffen Schulze von der IHK Erfurt auf die Sorgenfalten der Unternehmer.

Man verschaffe sich per Blitzumfrage gerade ein exaktes Bild von der aktuellen wirtschaftlichen Situation im Handel, berichtet Evelin Barth von der IHK Ostthüringen. "Wir teilen aber die Sorgen der Kollegen in den anderen Regionen, gerade mit dem Blick auf die Innenstädte", so Barth.

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"Wir fordern, dass der Bund ein bestimmtes Budget an Hilfen bereitstellt, dass dann über das Land ausgereicht wird", so der Suhler IHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Pieterwas. Die Thüringer Aufbaubank habe sich bereits im ersten Lockdown bewährt, als verlässlicher Partner der Wirtschaft im Freistaat. Gemeinsam fordern zudem alle drei IHK in Thüringen eine Lockerung der Regeln zur Beschäftigung an Samstagen und die Chancen für Sonntagsöffnungen.