Odense/Kiel. Quallen sind für viele vor allem eins: ein Ärgernis. Forscher sehen aber großen Nutzen in ihnen. Etwa als Filter gegen Mikroplastik.

Wer sich für Quallen interessiert, tut dies vor allem, weil er wissen will, ob er im Strandurlaub besonders Acht geben muss. Die Nesseltiere sind bei den meisten Menschen nämlich alles andere als beliebt. Dabei können sie so einiges leisten.

Wissenschaftler haben eine ganze Liste an möglichen Einsatzfeldern, in den sich Quallen nützlich machen können:

  • Bio-Dünger in der Landwirtschaft
  • Futter für Fischzuchten
  • Kosmetikprodukte
  • Bio-Filter gegen Mikroplastik
  • Nahrungsmittel für Menschen
  • Quallen-Glibber gegen Mikroplastik

„Besondere Hoffnungen setzen wir im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts darauf, Quallenschleim als Bio-Filter zu verwenden, um Mikroplastik aus Kläranlagen herauszufiltern“, sagt die Meeresbiologin und Quallenforscherin Jamileh Javidpour. Die EU unterstützt das seit 2018 bis Ende 2021 laufende interdisziplinäre „GoJelly“-Projekt nach eigenen Angaben mit fast sechs Millionen Euro.

Denn Quallenschleim könne Mikroplastik aufnehmen. Das sei im Laborversuch bereits nachgewiesen. In drei Jahren solle ein Prototyp eines Mikroplastikfilters entwickelt sein. „Ziel ist es, die Kontamination von Kläranlagen mit Mikroplastik in Zukunft zu verhindern.“ Die Federführung für die Entwicklung des Filters haben Wissenschaftler von der Universität Haifa (Israel).

Mikroplastik filtern: Auch Fraunhofer-Institut testet Schleim

Die Kläranlagen in Deutschland sollen etwa 85 bis 95 Prozent des Mikroplastiks im Abwasser zurückhalten können. Das geht aus einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hervor.

Zur Option Quallen sagt Leandra Hamann, Doktorandin des Instituts in Oberhausen: „Die Idee ist auf jeden Fall interessant. Auch wir forschen an der Idee, einen bionischen Filter zur Reduzierung von Mikroplastik zu entwickeln und testen unter anderem Schleim – aber nicht unbedingt Quallenschleim.“

Quallen enthalten Collagen – gut für Anti-Aging-Cremes

Für die Kosmetik- und die Pharmaindustrie könnten Quallen ebenfalls als Ressource dienen. „Denn die Nesseltiere enthalten Collagen, das für Anti-Aging-Cremes verwendet wird, aber auch für Medizinprodukte“, erläutert Javidpour.

„Man könnte die gespeicherten Nährstoffe in Quallen auch als Bio-Dünger in der Landwirtschaft einsetzen“, nennt Javidpour eine weitere Option. Versuche im Rahmen von „GoJelly“ hätten gezeigt, dass aus Quallen gewonnene Nährstoffe genauso gut wirkten wie chemische Düngemittel.

Keine Wagenladungen Quallen auf Felder kippen

Aber man dürfe sich das nicht so vorstellen, dass große Hängerladungen voll Quallen auf die Felder gekippt werden sollten. „Ziel ist vielmehr ein nachhaltiger Umgang mit den Quallen, die im Ökosystem Meer ein fester Bestandteil und Nahrung für 100 Fischarten sind.“

Quallen als Futter für Aqua-Kulturen zu nutzen, böte Javidpour zufolge ebenfalls Chancen: „Daran arbeiten wir.“ Als Nahrungsmittel für Menschen werden Quallen in Asien bereits verwendet. „Bei einem Besuch in China habe ich täglich Quallensalat gegessen“, erzählt Javidpour.

Kochbuch mit Quallen-Desserts geplant

Um für Europäer Quallen als Lebensmittel interessant zu machen, ist im Rahmen von „GoJelly“ ein Kochbuch mit Rezepten eines italienischen Kochs geplant. „Vielleicht kommen dazu auch noch Desserts mit Erdbeer- oder Schokoladengeschmack.“

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