Genf. Millionen Kinder werden nicht ausreichend geimpft. Besorgt ist die WHO aber auch über Impfgegner, die über soziale Medien missionieren.

2018 haben fast 20 Millionen Kinder weltweit lebensrettende Impfungen wie gegen Masern, Diphtherie oder Tetanus nicht bekommen. Das berichteten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Montag in Genf. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in Konfliktregionen oder in armen Ländern fernab von Krankenhäusern. Die Spezialisten sind aber auch über eine andere Entwicklung besorgt: Impfgegner nehmen über soziale Medien immer mehr Einfluss und verbreiten fehlerhafte oder teils falsche Informationen, wie die Direktorin der WHO-Impfabteilung, Kate O‘Brian, sagte.

Die Quote der Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten sowie der ersten Dosis gegen Masern verharre global betrachtet seit einigen Jahren bei rund 86 Prozent – zu wenig, um Ausbrüche der gefährlichen Krankheiten wirksam zu verhindern, so O‘Brian. Eine Impfquote von 95 Prozent sei nötig. Der rasante Anstieg der Masernfälle weltweit sei ein Alarmzeichen. Die Zahl der gemeldeten Fälle lag im vergangenen Jahr bei 350.000, fast doppelt so hoch wie ein Jahr zuvor. Allerdings wird nur ein Bruchteil der Fälle gemeldet. Die WHO schätzt die wahre Zahl der Masernfälle 2017 weltweit auf 6,7 Millionen.

O‘Brian: Impfungen verhindern ernste Krankheiten

In Deutschland lag nach Angaben des Robert-Koch-Instituts der vollständige Impfschutz gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten nach den Schuleingangsuntersuchungen 2017 bei mehr als 93 Prozent. Die Impfquote für die erste Masern-Impfung lag bei 97,1 Prozent. O‘Brian seien Impfungen unglaublich effektiv: „Sie verhindern ernste Krankheiten und manchmal den Tod, und jedes Kind der Welt hat Anspruch darauf.“

„Impfgegner hat es immer gegeben“, sagte O‘Brian. „Solche Gruppen sind ein kleines Phänomen, aber sie können ihre Botschaft mit den sozialen Medien heute weiter verbreiten als früher. Wir sind besorgt über fehlerhafte oder falsche Informationen.“ In 19 Ländern ging die Quote für die erste Masernimpfung im vergangenen Jahr um zehn oder mehr Prozent zurück, darunter in Europa in Montenegro, Bosnien und Herzegowina sowie Nordmazedonien.

Die Hälfte aller nicht ausreichend geimpften Kinder lebt in 16 armen Ländern, von Afghanistan bis zur Zentralafrikanischen Republik. In diesen Regionen gibt es keine flächendeckenden Gesundheitsdienste oder Kinder erreichen die Kliniken wegen Konflikten nicht. Sollten die Kinder dort erkranken, hätten sie auch die schlechteste Aussicht, behandelt zu werden, so die WHO.

In Deutschland ist seit einiger Zeit eine Masern-Impfpflicht im Gespräch. Davon wären Hunderttausende betroffen. Ohne eine Masern-Impfung dürften Kinder nicht mehr in die Kita oder Schule gehen, so die Forderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.