Berlin/Erfurt. Der Lockdown soll bis in den Februar hinein andauern. Weitere Maßnahmen wurden verschärft. Ministerpräsident Ramelow (Linke) zeigt sich zufrieden. Kritik gibt es von der Opposition.

Wie erwartet wird der aktuelle Corona-Lockdown vorerst bis Mitte Februar verlängert. Auch Schulen und Kindergärten bleiben weitgehend geschlossen. Zudem wird mehr getestet, zum Beispiel bei Einpendlern. Darauf verständigten sich Bund und Länder nach fast achtstündigen Verhandlungen am späten Dienstagabend. Alles Wichtige zur Corona-Pandemie in Thüringen lesen Sie in unserem Blog

In Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln sollen die Bürger blaue oder türkisfarbene OP-Masken oder sogenannte FFP2-Masken tragen. Ein selbst gebastelter Mund-Nasen-Schutz oder Stofftücher sind dann nicht mehr zulässig. Zudem werden die Unternehmen dazu verpflichtet, ihren Mitarbeitern dort Homeoffice anzubieten, wo dies technisch und von den Arbeitsläufen her möglich ist.

Ramelow zeigt sich zufrieden

Der Bund will eine entsprechende Verordnung erlassen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte sich bereits im Vorfeld für mehrere dieser Maßnahmen ausgesprochen. Entsprechend zufrieden äußerte er sich nach den Gesprächen. „Jetzt heißt es, Kontakte zu minimieren und möglichst wenig Arbeit in den Betrieben zu vollziehen“, sagte er.

Er begrüße, dass die hiesigen Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern verstärkt die Beschäftigten testen wollten. Auch die Abschlussklassen in den Schulen, die weiter als Ausnahme Präsenzunterricht erhielten, würden jetzt in Thüringen getestet, bekräftigte Ramelow. Sein „persönlicher Appell“ an die Lehrerinnen und Lehrer sei, mehr als bisher von dem Angebot der wöchentlichen PCR-Tests Gebrauch zu machen.

Corona-Gipfel: Lockdown bis 14. Februar – Homeoffice-Pflicht

Beschlüsse sollen in Thüringen 1 zu 1 umgesetzt werden

„Wir sind mit den Infektionszahlen auf Platz 1 in Deutschland“, sagte der Regierungschef. Gerade in Thüringen gebe es daher keinerlei Ansatz, über Lockerungen zu diskutieren. Dabei müsse ein Zeitraum bis Ostern in Blick genommen werden. „Wir werden uns noch eine ganze Zeitlang sehr anstrengen müssen“, erklärte Ramelow.

Die Beschlüsse sollten aus Sicht des Ministerpräsidenten in Thüringen 1 zu 1 umgesetzt werden. Man werde aber etwa bei der verschärften Maskenpflicht Wege finden müssen, medizinische Masken kostenfrei zur Verfügung zu stellen, sagte er. Gerade Hartz-IV-Empfänger könnten sich die teuren FFP2-Masken von drei bis fünf Euro pro Stück schwerlich leisten.

Der Thüringer CDU-Fraktionschef Mario Voigt begrüßte die Beschlüsse. Er mahnte aber an, dass die Ausgleichszahlungen des Bundes an Unternehmen deutlich schneller ausgezahlt werden müssten – und forderte die Landesregierung auf, in Vorleistung zu gehen. „Wir brauchen sofort einen Landesfonds für rasche und unbürokratische Hilfe“, sagte er dieser Zeitung.

Kritik von der Opposition

Zuvor hatte die Bundesregierung zugesichert, die Anträge zu vereinfachen. Darüber hinaus warf Voigt der rot-rot-grünen Minderheitsregierung beim Thema Impfen „Überforderung“ und „Führungsversagen“ vor. „Das Land muss endlich die Koordinierung übernehmen und die gesamte Struktur neu aufstellen“, sagte er. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, diese zentrale staatliche Aufgabe allein an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zu delegieren.

Ramelow sagte hingegen, dass sich das Impfmanagement mit der KV bewährt habe. Thüringen stehe auch nicht mehr im Ländervergleich ganz hinten. Tatsächlich wurden bisher 26.000 Einwohner geimpft, das entspricht einem Bevölkerungsanteil von 1,2 Prozent. Damit liegt das Land nicht mehr deutlich unter dem Bundeschnitt von 1,4 Prozent.

FDP-Landes- und Fraktionschef Thomas Kemmerich bezeichnete die Beschlüsse zum Homeoffice als „Symbolpolitik“. Derzeit hinke bei dem Thema noch die öffentliche Verwaltung den Privatunternehmen hinterher, sagte er dieser Zeitung. Er kritisierte zudem, dass die Alten- und Pflegeheime immer noch nicht ausreichend geschützt würden. „Warum gibt es dort keine Schleusen mit Tests?“, fragte er.

Ramelow: Hinterher sei man ja immer schlauer

Auch die grüne Umweltministerin Anja Siegesmund äußerte sich kritisch über die Beschlüsse – allerdings aus einer anderen Perspektive. Das Ergebnis sei „enttäuschend“, twitterte sie: „Keine gemeinsame Linie bei den Schulen und keine Homeoffice-Pflicht. Keine gemeinsame Kraftanstrengung für Homeschooling und kreatives Lernen. Einheitlichkeit empfehlen die Wissenschaftler und das kommt raus.“

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Ramelow forderte „alle Beteiligten“ in seiner rot-rot-grünen Minderheitskoalition auf, in den nächsten Wochen zusammenzuhalten. „Das ist keine Frage von Wahlkampf“, sagte er. Zuvor hatte es viel öffentlichen Streit gegeben, SPD und Grüne warfen dem Linken wiederholt Alleingänge vor.

Der Regierungschef wirkte in der Pressekonferenz am späten Abend entsprechend dünnhäutig. Eine Nachfrage dieser Zeitung, ob es im Licht der Ministerpräsidentenbeschlüsse sinnfällig war, die Winterferien vom 8. bis 12. Februar in die letzte Januarwoche vorzuverlegen, ließ er nicht gelten. Er sei ja kein „Hellseher“, sagte er merklich ungehalten. Hinterher sei man ja immer schlauer: „Hätte, hätte, Fahrradkette.“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Tischner, verwies hingegen darauf, dass es zahlreiche Warnungen vor der Verschiebung gegeben habe. „Hätte, hätte … Ramelow Wissenschaft, Eltern, Lehrer und Opposition ernst genommen, bliebe vielen Stress erspart“, sagte er dieser Zeitung.

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