Frankfurt/Main. Die bald 80-jährige Autorin Monika Maron ist nicht mehr beim S. Fischer Verlag unter Vertrag.

Der S. Fischer Verlag wird der Autorin Monika Maron (79, „Flugasche“) über die bestehenden Verträge und einen für 2021 geplanten Essayband hinaus keine neuen Buchverträge anbieten. Über die Gründe habe es in den vergangenen Monaten einen intensiven Austausch zwischen Siv Bublitz, der Verlegerischen Geschäftsführerin der S. Fischer Verlage, und der Autorin beziehungsweise ihrer Agentur gegeben, hieß es in einer Mitteilung des Verlags mit Sitz in Frankfurt am Main. „Man kann nicht bei S. Fischer und gleichzeitig im Buchhaus Loschwitz publizieren, das mit dem Antaios Verlag kooperiert“, wird Bublitz darin zitiert.

In der Edition Buchhaus Loschwitz erscheint die Reihe „Exil“. Maron hat hier einen Essayband veröffentlicht. Vertrieben wird die „Exil“-Reihe im Antaios-Verlag des Verlegers Götz Kubitschek. Der Verfassungsschutz zählt das „Institut für Staatspolitik“ des Verlegers Kubitschek zum Netzwerk der „Neuen Rechten“, in dem rechtsextremistische bis rechtskonservative Kräfte verortet werden. 2017 hatte es auf der Frankfurter Buchmesse Tumulte gegeben, als sich linksgerichtete Demonstranten einer Buchpräsentation des Antaios-Verlags mit AfD-Rechtsaußen Björn Höcke entgegenstellten.

Monika Maron hatte in einem Interview der „Welt“ jüngst von einem „Rausschmiss“ durch Fischer nach 40 Jahren gesprochen. Außerdem sagte sie: „Dass der politisch mir ferne Kubitschek die Bücher vertreibt, wusste ich nicht – zeigen Sie mir mal einen Autor, der sich um den Vertrieb kümmert.“

In der Süddeutschen Zeitung wird Maron mit folgenden Worten zitiert: „Ich bin traurig und fassungslos, dass ich mich in einer Situation befinde, in der ich vor vierzig Jahren mit ,Flugasche’ schon einmal war. Nur war ich damals eben vierzig Jahre jünger.“ Die SZ schreibt: Ein Verlag wie S. Fischer, dessen Schicksal im Dritten Reich in den erschütternden Tagebüchern des damaligen Lektors Oskar Loerke und in denen des wichtigsten Hausautors Thomas Mann dokumentiert ist, werde schwerlich anders entscheiden können.

Die Autorin Ines Geipel erklärte gestern auf Anfrage dieser Zeitung: „Monika Maron hat wichtige Bücher geschrieben, aber die aktuelle Entscheidung des Verlages halte ich zugleich für charakterfest.“ Angela Egli-Schmidt, die in Weimar die Lesarten organisiert, erklärte: „Ich bin sehr erschüttert darüber, dass der S. Fischer Verlag Monika Maron nicht mehr verlegen wird, und hoffe – zur Ehrenrettung einer demokratischen Verlagslandschaft – darauf, dass ein mindestens ebenbürtiger Verlag ihr ein Angebot unterbreitet. Wenn die Haltung von Fischer Schule macht, befürchte ich einen Dammbruch, der unserer gewohnten kulturellen Vielfalt und dem Gebot der Meinungsfreiheit Grenzen setzt. Zumindest ihre Prosa, die ja bei Fischer erschien, halte ich über jede rechtslastige Zuschreibung erhaben.“

Die Geschichte von Maron und dem S. Fischer Verlag währte 40 Jahre und begann mit dem Roman „Flugasche“: Er basiert auf Marons tatsächlichen Erfahrungen als Journalistin für die Ost-Berliner „Wochenpost“ im Bitterfelder Chemierevier, ihrer Auseinandersetzung mit Umweltverschmutzung, Zensur und Überwachung durch die Stasi. Erst in den 1990er wurde bekannt, dass Maron in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahren selbst als Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) tätig war, wie der Spiegel damals berichtete. In der DDR wurde „Flugasche“ nicht verlegt: Ablehnungsgrund war „Schwarzmalerei“. In der Folge erschien der Roman 1981 im westdeutschen S. Fischer Verlag. 1988 siedelte Maron nach Westdeutschland über, da sie in der DDR nicht mehr publiziert wurde. 1992 zog sie zurück nach Berlin. Maron schreibt Namensartikel in überregionalen Zeitungen wie der NZZ oder FAZ und ist Gastautorin bei der „Achse des Guten“, wo unter anderen auch Vera Lengsfeld schreibt.

Sie hatte bereits Ende August zu Marons Buch „Artur Lanz“ Stellung genommen: „Eigentlich kenne ich das nur aus der DDR, dass vor einem Buch so intensiv gewarnt wird.“ Der Roman sei „alles andere als verunglückt“, so Lengsfeld.

Maron wisse, „wie viele Diktatur-Erfahrene, dass die Demokratie nur so gut ist wie die Demokraten, die bereit sind, sie jeden Tag zu verteidigen.“ Sie sei „weder Jacobinerin noch gallisch, sondern erfrischend realistisch.“ Den genannten Roman nennt Lengsfeld „ganz sicher in jeder Hinsicht eine Krönung ihres Lebenswerkes“.

Nach Angaben eines Verlagssprechers bleiben die bei S. Fischer erschienenen Bücher von Maron, wenn es nach dem Wunsch des Verlages geht, weiterhin im Programm. Ein Essayband, den sich die Autorin zu ihrem 80. Geburtstag, den sie am 3. Juni 2021 begeht, wünschte, sei bereits in der Frühjahrsvorschau angekündigt, heißt es.