Ein Mädchen, das mit Wespen sprechen kann, und ein Junge, der alle Insekten vernichten möchte, kämpfen gegeneinander in „Insecta“.

Eden kann mit Wespen sprechen – oder besser: summen. Das klappt dank einer kleinen Tröte, genannt Kazoo, und jeder Menge Einfühlungsvermögen beim Zuhören. Als der Wespenkönigin das klar wird, beginnt nach einem äußerst rumpeligen Start, bei dem ein zerstörtes Wespennest eine Rolle spielt, eine wunderbare Freundschaft zwischen Mensch und Insekt.

Für Eden wird ein Traum wahr: Die Zehnjährige liebt Insekten, liest ständig Bücher über sie, beobachtet die Tiere und will Insektenforscherin werden.

Genau das wäre ein Alptraum für August. Der dicke, unbeholfene Neunjährige, der ständig gemobbt wird, verdankt Insekten einige seiner peinlichsten Momente. Glücklich ist er auf der Bühne: Dank der Theatergruppe in der Schule kann er dort sein, wer er will, wird buchstäblich ein anderer. Er wird Schauspieler werden, das steht für August felsenfest.

Gail Lerner (Text), Tamara Reisinger (Übers.): Insecta - Das Institut der Unsichtbaren. cbj, 352 Seiten, 14 Euro, ab 10
Gail Lerner (Text), Tamara Reisinger (Übers.): Insecta - Das Institut der Unsichtbaren. cbj, 352 Seiten, 14 Euro, ab 10 © cbj

Doch bevor es soweit ist, wird er alle Insekten ausrotten, das steht ebenfalls fest. Denn sie haben für einige der peinlichsten Momente in seinem Leben gesorgt.

Dass Eden und August nicht viel gemeinsam haben, versteht sich von selbst – aber in Gail Lerners ebenso fantasievollem wie abenteuerlichen Roman werden die beiden zu erbitterten Gegnern im Kampf um das Schicksal des Instituts für tiefergehende Bildung. Menschen und Insekten leiten es gemeinsam, haben es mehr als ein Jahrhundert zuvor aufgebaut, um gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit zu fördern.

Urkomisch, die Welt aus der Sicht von Ameisen zu sehen

Ameisen, Heuschrecken, Schmetterlinge und jede Menge anderer Insekten finden sich dort zusammen – aber auch Regenwürmer, denn den Institutsnamen hat die Autorin durchaus mit einem Augenzwinkern gewählt. Urkomisch und rührend zugleich schildert Gail Lerner das Aufeinandertreffen von Insekten und Menschen – sei es im Institut, sei es im Alltag. Geistreich und gewitzt hält sie uns einen Spiegel vor, indem sie uns die Welt mit den Augen der Insekten sehen lässt.

Das Kaleidoskop der menschlichen Figuren rund um Eden und August reicht von Edens Eltern über die Außenseiter und die angesagten Kinder in der Schule bis zur uralten Tillie und den Verkäufern im Gartenmarkt – von schrullig bis cool ist alles dabei, stinknormal ist keiner.

Jeder kann mit Insekten reden?!

Wie Eden und August damit umgehen, dass sie Außenseiter sind, und wie sie es schaffen, ihrer Einsamkeit entkommen, ist einfühlsam und glaubwürdig geschildert; das Thema Insektensterben auf ungewohnte und originelle Weise aufgearbeitet.

Und alles durchzieht der feine, hintersinnige Humor, der „Insecta“ auszeichnet – Gail Lerner lässt uns schmunzeln, laut lachen und darüber sinnieren, ob wir nicht wirklich ein wenig mit Insekten sprechen können. Vielleicht müssen wir sie nur näher kennenlernen.

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