Nordhausen. Rezension: Unter dem Dirigat von Michael Helmrath überzeugten die Musiker im Neujahrskonzert in Nordhausen und Sondershausen.

Wie immer bietet das Neujahrskonzert eine bunte Mischung aus Bekanntem und weniger Bekanntem, aus Polka (schnell und langsam), Marsch, Ouvertüre und Konzertwalzer, den Paradedisziplinen gehobener Unterhaltungsmusik. So geschehen am Neujahrsabend im festlich anmutenden Achteckhaus in Sondershausen und am Samstag im Großen Haus des Nordhäuser Theaters, als das Loh-Orchester unter der Leitung von GMD Michael Helmrath seine Gäste musikalisch im neuen Jahr begrüßte. Es waren äußerst herzliche Grüße, die die Musiker darboten, und nicht minder herzliche und unterhaltsame Worte, die Helmrath zwischen den Stücken immer wieder fand, um die Zuschauer mit heiteren und wissenswerten Anekdoten zu erfreuen.

Mit der Ouvertüre zu „Il barbiere di Siviglia“ von Gioachino Rossini wurde der Abend jeweils musikalisch eröffnet. Helmrath dirigierte zunächst genüsslich verhalten, im weiteren Verlauf jedoch rhythmisch gestochen und kernig diesen Auftakt. Damit gab das Orchester nicht nur einen Ausblick auf die kommenden Thüringer Schlossfestspiele, bei denen ab Juni 2020 die gesamte Oper aufgeführt werden wird, sondern legte bei seiner Reise durch den Süden seine erste Zwischenstation in Sevilla in Spanien ein. Dem Italiener Rossini blieb das Orchester im Folgenden treu und intonierte sieben Stücke aus den „Matinées musicales“ und „Soirées musicales“. Diese Suiten entstand 1936 als Konzertfassung einer Filmmusik, in der Benjamin Britten Salonstücke von Gioachino Rossini verarbeitete. Dem Loh-Orchester gelang es glänzend, mit Brittens Orchestrierung den Witz der „Alterssünden“ Rossinis zur Geltung zu bringen.

Das beeindruckendste Klangbild des Abends zeichnete das Orchester jedoch zweifelsohne bei Tschaikowskys „Capriccio Italien“. Man spürte die Fröhlichkeit und das turbulente Leben in diesem Orchesterwerk, die der Komponist Ende des 19. Jahrhunderts in Rom erlebte. Helmrath verlangte dem Orchester in diesem Stück alles ab, allerdings durchaus auch sich selbst. Er dirigierte mit Leib und Seele, blühte in der Musik voll auf und nahm alle Mitspielenden mit in die Gefilde dieser italienischen Musik, die sauber, gestochen klar und bewegt erklang.

Nach der Pause schwelgte das Orchester zunächst mit der Schnell-Polka von Johann Strauss (Sohn) in Wiener Melodien, bevor mit dem bekannten musikalischen Kleinod des Intermezzos aus „Cavalleria Rusticana“ von Pietro Mascagni ein Ruhepunkt innerhalb des spritzigen und aufblühenden Konzertes gesetzt wurde. Es gelang dem Orchester bravourös, die sonntägliche Ruhe vor dem Osterfest nachzuempfinden in dem ansonsten durch Eifersucht geprägten Einakter Mascagnis. Mit Musik von Nino Rota, einem Filmmusikkomponisten des 20. Jahrhunderts, zeichnete das Loh-Orchester ein Sittengemälde der sizilianischen Gesellschaft ganz im Stile Fellinis „Der Pate“.

Ungebremste Freude verbreitete sich sowohl bei den Musikern als auch im Publikum, als Johann Strauß (Vater) „Erinnerungen an Ernst“ erklangen. Hierbei mischte sich eine Prise preußischer Genauigkeit unter das Wiener Schlawinertum, da Helmrath den Musikern immer wieder leichtfüßig komplizierte Instrumentalläufe entlockte, die mit viel Zwischenbeifall und Augenzwinkern goutiert wurden. Mit Walzerklängen überbrachte das Loh-Orchester dem Publikum zum Abschluss musikalisch „Rosen aus dem Süden“ von Johann Strauss (Sohn). Dieses dankte mit langanhaltendem Beifall und erwirkte so drei Zugaben, unter denen auch der Dauerbrenner eines Neujahrskonzertes schlechthin erklang – der Radetzky-Marsch.