Berlin. Es waren turbulente Wochen für die Ampel. Am Ende steht die Frage: Wer bezahlt die Einigung? Maybrit Illner suchte nach Antworten.

„Gleich hält mich nichts mehr auf dem Platz”, meldete sich Christian Dürr nach knapp 20 Minuten Sendepause genervt zu Wort. Ungewohnt lange saß der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion still auf seinem Platz am halbrunden Tisch von Maybrit Illner. Doch nun müsse er auch einmal etwas sagen. Grund für die Intervention war der Vorwurf von Helge Braun (CDU), die Ampelkoalition suche mit ihrer Einigung „nach neuen Wegen, niedrigschwelliger, als es das Verfassungsgerichtsurteil vorsieht, wieder zusätzliche Schulden zu machen”. Diese Ansicht sei vollkommen falsch, urteilte Dürr und holte zu einem Rundumschlag aus. Lesen Sie auch: Talk-Meisterin Illner: „Sie ist, wie Gottschalk gern wäre“

Das waren die Gäste bei „Maybrit Illner“:

  • Ricarda Lang, Parteivorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
  • Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
  • Helge Braun, CDU-Mitglied und Vorsitzender des Haushaltsausschusses
  • Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND)
  • Josef-Hermann Tenhagen, Chefredakteur, Herausgeber und Geschäftsführer von „Finanztip“
  • Sarah Tacke, ZDF-Rechtsexpertin

Illner: Einigung im Haushaltsstreit – Wer wird belastet?

Doch zuerst zu den Grundlagen des Abends. Das Thema bei Maybrit Illner hätte fast nicht heikler sein können: „Einigung in letzter Sekunde – Wie teuer wird’s fürs Land?” fragte die Moderatorin am Donnerstagabend. Nur einen Tag zuvor hatten Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bekannt gegeben, gemeinsam eine Lösung gefunden zu haben, um die Lücke von 17 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2024 zu schließen. Da Lindner einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse nicht zustimmte, einigte man sich auf ein Bündel von Einsparungen und Subventionsabbau. So soll unter anderem der CO2-Preis 2024 auf 45 Euro angehoben werden, wodurch der Liter Benzin an der Tankstelle um 5 Cent teurer werden könnte. „Heizen, Tanken und Strom wird teuer”, brachte es Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin der RND-Hauptstadtredaktion auf den Punkt.

Dennoch solle nicht der Eindruck entstehen, dass die Bürgerinnen und Bürger dadurch nur belastet werden. Genau das Gegenteil sei der Fall, betonte Dürr und verwies auf seine ebenfalls anwesende Koalitionskollegin Ricarda Lang. Diese hatte bereits erklärt, dass durch die 2022 beschlossene Abschaffung der EEG-Umlage rund 85 Prozent der Einnahmen durch den CO2-Preis an Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zurückfließen würden. Gleichzeitig habe die Ampel in den letzten Wochen viele „Angriffe auf den Sozialstaat” – unter anderem durch CDU-Chef Friedrich Merz – abgewendet. Die Bundesregierung stehe weiterhin zur Kindergrundsicherung und zum Bürgergeld. „Damit geben wir gerade Menschen mit einem kleinen Einkommen Sicherheit im Land”, betonte Lang.

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Bundeshaushalt 2024: Deutsche Bevölkerung braucht Klarheit

Diese positiven Blickwinkel konnten nicht alle am Tisch teilen. So kritisierte Kristina Dunz ein fehlendes Signal der Regierung. „Die Bürgerinnen und Bürger sehen nicht, dass sie am Ende gut rausgehen”, erklärte sie der Runde. Stattdessen wüssten sie trotz der viel besprochenen Einigung noch immer nicht genau, was 2024 auf sie zukommen werde. Dabei sei es genau das, wonach sich die deutsche Bevölkerung in ihren Augen gerade sehne: klare Kommunikation, Ruhe und ein „Wir wissen, was wir tun”-Eindruck der Bundesregierung. Die aktuelle Situation gehe in ihren Augen auf das Konto der Demokratie und des Klimaschutzes.

Zustimmendes Nicken von Lang. Auch sie habe das Gefühl, dass „jetzt Zeit für Stabilität ist”. Allerdings, widersprach Lang, sehe sie nicht den Klimaschutz als Verlierer der turbulenten Zeit. „Die großen Projekte aus dem Klima- und Transformationsfonds gehen weiter”, erklärte die Politikerin. Gleichzeitig würden zum Beispiel durch eine Kerosinsteuer klimaschädliche Subventionen abgebaut, um „wiederum in neue klimafreundliche Technologien und Arbeitsplätze zu investieren”.

In diese Schneise soll auch das Wachstumschancengesetz schlagen, für das besonders Christian Dürr Partei ergriff. „Investitionen in die Zukunft, Digitalisierung, Klimaschutz sollen sich steuerlich für Unternehmen lohnen”, erklärte er das Ziel des Gesetzes, das bisher noch nicht beschlossen wurde, da die Union weitere Verhandlungen abgelehnt hatte. Vor allem diese Verzögerung ärgerte Dürr. Anstatt sich immer abzugrenzen, wäre es sein Weihnachtswunsch an die CDU, ein Gesetz freizugeben, dass „zu mehr Investitionen, mehr Arbeitsplätzen und am Ende zu mehr Steuereinnahmen” führen würde. Auch interessant:Christian Dürr über den Atomausstieg und die Unzufriedenheit mit der Ampel

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