Erfurt. In Thüringen sind immer mehr Minderjährige in Obhut der Jugendämter. Neben überforderten Eltern gibt es neuerdings diese Gründe.

Die Jugendämter in Thüringen haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Kinder und Jugendliche zu deren Schutz zeitweilig in Obhut genommen und in Pflegefamilien, Heimen oder Wohngruppen untergebracht. Das Statistische Landesamt nannte am Freitag die Zahl von 1692 Fällen, was einem Zuwachs um fast ein Drittel (32,1 Prozent) im Vergleich zu 2021 entsprach.

Neben Überforderung der Eltern - wie in den Vorjahren Hauptgrund für das Eingreifen der Jugendämter - machte sich im vergangenen Jahr die Zunahme unbegleitet eingereister Minderjähriger aus dem Ausland stark bemerkbar. Zudem mussten die Behörden häufiger wegen körperlicher und psychischer Misshandlung von Kindern und Jugendlichen schützend eingreifen.

In 660 Fällen war Überforderung der Eltern Anlass für Inobhutnahmen (2021: 651). Die Zahl der Inobhutnahmen von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise verdreifachte sich mit 502 Fällen im Vorjahresvergleich (2021: 167). Die Zahl reicht dicht an den hohen Wert von 2017 heran, als es in Thüringen zu 527 Inobhutnahmen unbegleiteter minderjährige Flüchtlinge kam. Seit 2018 hatte es hier einen Rückgang gegeben.

Vernachlässigung durch Eltern

In 306 Fällen diente die Inobhutnahme dem Schutz vor Vernachlässigung durch die Eltern. Bei etwa jeder zehnten Inobhutnahme (167) war 2022 körperliche Misshandlung der Grund, das waren knapp 10 Prozent mehr als 2021. Anzeichen für psychische Misshandlung gab es in 148 Fällen, 24,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Mädchen und Jungen zwischen 14 und 18 Jahren wurden am häufigsten in Obhut genommen (822).

Regional wurden in Erfurt (203) die meisten Inobhutnahmen verzeichnet, gefolgt von Suhl (153) und dem Wartburgkreis (129). Die wenigsten verzeichnete der Landkreis Sonneberg (12).

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