In der Serie „Helden des Alltags“ stellen wir Thüringens Helfer in Zeiten von Corona in kurzen Porträts vor.

Michael Weise leitet das Awo-Pflegewohnheim im Psychosozialen Zentrum Gera. Dort leben 48 Menschen mit psychischen Einschränkungen, der Jüngste ist 32 Jahre alt, 78 der Älteste. Einige von ihnen haben auch körperliche Behinderungen, brauchen Hilfe beim Waschen und Essen, sitzen im Rollstuhl.

„Es ist schwer für sie zu verstehen, warum jetzt vieles in ihrem Alltag anders ist“, sagt er. Keine Bastelstunden mit Kindern aus der Kita, keine Ausflüge, keine begleiteten Fahrten in die Stadt. Dafür körperliche Distanz, auch zu den Pflegern.

„Das sind Einschnitte, die beunruhigen. Das müssen wir immer wieder erklären“, sagt er. Normalerweise bemühen sie sich um einen aktiven Alltag, jetzt müssen sie Ruhe ins Haus bringen. Das wird, ahnt er, mit der Zeit immer schwieriger und niemand weiß, wie lange sie dauert – und was sie bringen wird.

Für den Fall einer Quarantäne hat er ein Notfallteam zusammengestellt: Er und neun seiner Mitarbeiter, die sich jeweils zu fünft eine Woche lang um die Menschen im Heim kümmern. Rund um die Uhr. Er will vorbereitet sein.

Die Frage, wo sie schlafen werden, ist noch nicht ganz klar. Er denkt über ein Wohnmobil nach, das er im Hof aufstellen will. Mit den Kollegen hat er schon gesprochen. Sie alle haben auch ein Privatleben, Familien, um die sie sich sorgen. Abgelehnt hat niemand.

Dass er einmal ein solches Notszenario entwerfen muss, erscheint ihm noch immer unwirklich. Aber für solche Gefühle ist jetzt kein Raum. „Unsere Bewohner haben keine Angst“, sagt er, „weil sie die unsichtbare Gefahr nicht erfassen können. Sie vertrauen uns.“