Jena/Thalbürgel. Der Kirchenradweg von Jena nach Thalbürgel führt durch Landschaften mit großen und kleinen Gotteshäusern.

Einen historisch und architektonisch interessanten Ausflug, den selbst mäßig trainierte Gelegenheitsradler auf Rädern älteren Semesters mit Genuss absolvieren können, verspricht der Kirchenradweg Jena-Thalbürgel. Mit der Jenaer Stadtkirche St. Michael und der Klosterkirche Thalbürgel verbindet er zwei bedeutende Thüringer Kirchen.

Blick ins Innere der schmucken und liebevoll restaurierten Kirche in Kleinlöbichau. Foto: Constanze Alt
Blick ins Innere der schmucken und liebevoll restaurierten Kirche in Kleinlöbichau. Foto: Constanze Alt © zgt

Der über weite Teile sehr gut erschlossene und ausgeschilderte Radweg, der 2010 eröffnet wurde, führt meist parallel zur Bundesstraße 7 durch malerische Landschaften und niedliche Dörfchen mit öffentlich zugänglichen Kirchen in und östlich von Jena. Er ist für Familien mit größeren Schulkindern, die sich bereits für Kirchengeschichte begeistern lassen, hervorragend geeignet. Kleinere Kinder fahren vielleicht besser im Anhänger mit oder absolvieren gemeinsam mit ihren Eltern nur einen Teil der Strecke.

Wer zügig fährt, schafft die gut 24 Kilometer hin und zurück sicherlich in zwei bis zweieinhalb Stunden. Wem es darum zu tun ist, Bewegung an der frischen Luft mit ausgiebigen Kirchenbesichtigungen, Abstechern und Pausen zu verbinden, der darf gern die doppelte Zeit einplanen. An jeder der Kirchen stehen Interessierten Info-Tafeln zu Bau und Geschichte zur Verfügung.

Als offizieller Startpunkt der Kirchenradtour fungiert die Jenaer Stadtkirche Sankt Michael. Die große spätgotische Hallenkirche mit einem gut 40 Meter langen Mittelschiff, hohen Seitenschiffen und dem 75 Meter hohen Turm ist allein schon ein architektonisches und sakrales Erlebnis, für das Zeit eingeplant werden sollte. Alternativ ist die „Schillerkirche“ in Jena-Ost als Anfangspunkt gut geeignet; die Stadtkirche wäre dann der Höhepunkt zum Schluss.

Von der Schillerkirche geht es durch das malerische Gembdental weiter. Wer mit Kindern unterwegs ist, für den lohnt sich ein Abstecher zum Saurierpfad, der am Fuße des Jenzig beginnt. Bergauf führt der Radweg am Diakonie-Seniorenzentrum in Richtung Jenaprießnitz. Noch im beliebten Jenaer Wohngebiet „Fuchslöcher“, in dem sich moderne Architektur ebenso findet, wie die Pferde des Jenaer Reit- und Fahrvereins, beginnt ein sehr harmonischer Übergang von Stadt und Land.

Vor der Kirche Jenaprießnitz gibt es neben dem Gotteshaus gleich eine Info-Tafel.Foto: Constanze Alt
Vor der Kirche Jenaprießnitz gibt es neben dem Gotteshaus gleich eine Info-Tafel.Foto: Constanze Alt © zgt

In Jenaprießnitz findet sich inmitten von liebevoll restaurierten und stilvoll neu gebauten Häusern die Dorfkirche mit ihrem gotischen Chor und Kreuzgratgewölbe. Ihre Anfänge gehen auf das Jahr 1252 zurück. Allerdings brannte die Kirche im Dreißigjährigen Krieg bis auf den Turmstumpf ab und wurde 1855/56 völlig neu errichtet.

Zwischen Feldern und Wiesen führt der Weg über Hügel und Täler hinweg nach Großlöbichau mit seiner St. Bartholomäus geweihten Kirche romanischen Ursprungs. Vorbei an Galloway-Rindern radelt es sich beschaulich Richtung Klein-löbichau. Neben der offiziellen Info-Tafel des Kirchenradwegs weist ein holzgefertigtes Schild den Weg „zur Fahrrad- und Wanderkirche“. Pittoresk und schnuckelig ist diese liebevoll sanierte Kirche mit ihren 44 Plätzen und der wertvollen kleinen Gerhardt-Orgel.

Nun geht es, den kleinen und den großen Gleisberg im bemerkenswerten Panoramablick, hinab in Richtung Thalbürgel. Gelegenheit für ein Picknick bieten hier mehrere überdachte Rastgelegenheiten.

Grafik : Andreas Wetzel
Grafik : Andreas Wetzel © zgt

Die imposante Klosterkirche St. Maria und St. Georg gehört zu den bedeutendsten romanischen Sakralbauten Thüringens. Sie zeugt noch heute von dem 1133 erbauten Benediktinerkloster, das in Folge der Reformation 1526 aufgehoben und dem Verfall preisgegeben wurde. Sollte das Tor verschlossen sein, dauert es – mit etwas Glück – nicht lange, und eine in der Nachbarschaft lebende Sachverständige mit Schlüsselgewalt kommt herbeigeeilt und gewährt Interessierten Einlass. In aller Ruhe können Besucher das Innere der Kirche bestaunen und in den Ruinen im Außenbereich den Relikten längst vergangener Zeiten nachspüren. Ebenfalls besichtigt werden kann das in unmittelbarer Nähe befindliche Museum Zinsspeicher, mithin das letzte vollständig erhaltene Wirtschaftsgebäude des einstigen Benediktinerklosters. Zurück nach Jena geht es auf gleicher Strecke. Wer vorher noch vom berühmten Bürgeler Eis probieren möchte, folgt der Ausschilderung in das Städtchen noch knapp eineinhalb Kilometer.

Drei lohnenswerte Zwischenstopps

Schillerkirche

Eigentlich trägt die bereits 1307 urkundlich erwähnte Urpfarrei des 1909 nach Jena eingemeindeten Dorfes Wenigenjena („Jena-Ost“) den Namen „Unserer Lieben Frau“. Doch seit der Dichter Friedrich Schiller und Charlotte von Lengefeld sich hier im Jahr 1790 da Ja-Wort gaben, rangiert das Gotteshaus unter dem Begriff „Schillerkirche“. Das heutige Kirchengebäude wurde im 14./ 15. Jahrhundert anstelle eines kleinen Vorgängerbaus errichtet. Charakteristisch ist der hochaufsteigende gotische Chor mit schlanken, zweiteiligen Fenstern, zierlichem Maßwerk im Fischblasenmuster und in Kleeblattbögen. Eindrucksvoll ist unter anderem das Südportal der Kirche; die „Schöne Pforte“.

Ein Erlebnis, besonders für Kinder, ist der Saurierpfad, der sich vom Fuße des Jenzig den Berg hinauf schlängelt. Foto: Constanze Alt
Ein Erlebnis, besonders für Kinder, ist der Saurierpfad, der sich vom Fuße des Jenzig den Berg hinauf schlängelt. Foto: Constanze Alt © zgt

Saurierpfad

Kinder begeistern sich insbesondere im Vor- und Grundschulalter gleichsam naturgemäß für Dinosaurier. Der Saurierpfad beginnt am Fuße des Jenzig und schlängelt sich bis zur Spitze des Berges hinauf. Viel Wissenswertes, Interaktives und Saurier-Nachbildungen erwartet hier große und kleine Dino-Fans. Der Saurierpfad versteht sich als Bildungsangebot, das eine Brücke schlagen möchte zwischen der naturgegebenen Erlebbarkeit und der virtuellen Welt. So wollen die unterschiedlichen Stationen des Lehrpfades ein „Urzeitfeeling“ vermitteln. Als „Mentor“ auf dem Weg in die Vorzeit fungiert dabei der knallrote Saurier „Trixi Trias“. Der Saurierpfad ist kostenlos und rund um die Uhr begehbar.

Kirche Kleinlöbichau

Ein richtiges Schmuckstück ist die Kirche in Kleinlöbichau. Sie wurde 1675 aus Steinen der verfallenen Abtei Thalbürgel erbaut. Außen eine schlichte Bauernkirche mit Barockturm ist die liebevoll sanierte Kirche in ihrem Inneren niedlich wie eine Puppenstube. Der Altarraum mit Steinaltar im Zentrum des Chorraumes und die Kanzel mit Grisaille-Malerei der vier Evangelisten sowie der Taufstein stammen aus der Zeit des Rokoko. Ein besonderes Detail ist die kleine wertvolle Orgel, die Justinus Ehrenfried Gerhardt 1755 gebaut hatte. Gerhardt war ein Schüler Gottfried Silbermanns gewesen, der als bedeutendster mitteldeutscher Orgelbauer der Barockzeit gilt.

Dieser Blick bietet sich auf dem Weg nach Kleinlöbichau. Foto: Constanze Alt
Dieser Blick bietet sich auf dem Weg nach Kleinlöbichau. Foto: Constanze Alt © zgt

Service:

  • Länge: Der Kirchenradweg zwischen Jena und Thalbürgel beträgt hin und zurück rund 24 Kilometer (laut GPS-Aufzeichnung).
  • Steigungen: Die Fahrt geht über Hügel und Täler. Die kummulierte Höhe bergauf beträgt 177,4 Meter, bergab minus 169, 7 Meter. Der Höhenunterschied beträgt 147,4 Meter. Gefälle beziehungsweise Steigungen sind zwischen Kleinlöbichau und Thalbürgel deutlich.
  • Dauer der Radtour: Bei zügigem Tempo benötigen Erwachsene etwa zwei bis zweieinhalb Stunden (ohne Kirchenbesichtigung, Einkehr und andere Pausen). Mit Besichtigung der Kirchen und anderen Pausen sollte etwa die doppelte Zeit veranschlagt werden.
  • Klassifikation: für Erwachsene und ältere Schulkinder leicht.
  • Für Kinder: Für Familien mit kleinen Kindern, die selbst Fahrrad fahren möchten, empfiehlt sich besonders der Streckenabschnitt von der Stadtkirche über die Schillerkirche entlang des Gembdenbaches (Abstecher zum Saurier-Pfad empfohlen) bis zum Diakonie-Seniorenzentrum, oberhalb dessen ein schöner Spielplatz ist. Hinwärts sind das gut drei Kilometer. Bis nach Jenaprießnitz sind es hinwärts gut sechs Kilometer.
  • Achtung: Zwischen Innenstadt und Jena-Ost kann der Radweg teilweise ungemütlich werden. Er ist eng und verläuft auf einer sehr frequentierten Straße parallel zu den Straßenbahngleisen. Im Zweifelsfall lieber kurz absteigen und schieben.

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