Erfurt. Seit Jahren laufen Kommunen und Bürgerinitiativen Sturm gegen die Stromtrasse Suedlink, die auch durch Thüringen verläuft. Ein Gutachten eines Umweltverbandes zweifelt die Sinnhaftigkeit des Vorhabens nun an.

Ein neues Gutachten stellt nach Einschätzung des Umweltverbandes BUND die Notwendigkeit der geplanten Stromtrasse Suedlink in Frage. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Leitung nur bei der maximalen Stromproduktion durch Windkraft an der norddeutschen Küste erforderlich sei, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz am Mittwoch in Erfurt mitteilte.

Solche Spitzen seien aber nur in einigen Dutzend Stunden pro Jahr zu erwarten, sagte der Autor der Gutachtens, Lorenz Jarass, Wirtschaftsinformatiker an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden. Der Bedarf könne auch durch Reservekraftwerke am Ort des Verbrauchs statt einer überdimensionierten Trasse gedeckt werden. Jedoch orientiere sich die Planung für den Leitungsbau ausschließlich am Spitzenbedarf.

Wirtschaftlicher Nutzen angezweifelt

Die rund 700 Kilometer lange geplante Suedlink-Leitung soll Strom von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Hessen und Thüringen nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. Der BUND, der das Gutachten gemeinsam mit Verbänden und Kommunen in Auftrag gegeben hatte, bezweifelt zudem den wirtschaftlichen Nutzen des Suedlink. Die Kosten dürften den Nutzen übertreffen, prognostiziert der Umweltverband.

Die Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW beziffern die Investitionskosten für die Trasse auf 10 Milliarden Euro. Der BUND sieht sich hier auch durch eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bestätigt. Diese habe aufgezeigt, dass eine dezentral organisierte Energiewende mit deutlich weniger neuen Stromtrassen auskomme, hieß es.

Jahrelanger Streit um das Vorhaben

Bürgerinitiativen und Kommunen entlang der geplanten Trasse laufen seit Jahren Sturm gegen das Vorhaben. Thüringen will die von der Bundesnetzagentur festgelegte Leitungsroute nach Angaben der Landesregierung weiter gerichtlich überprüfen lassen.

Dies sei nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts frühestens nach dem Ende des derzeit noch laufenden Planfeststellungsverfahrens möglich, teilte das Infrastrukturministerium am Mittwoch mit. Ein Abschnitt des 1000 Meter breiten Trassenkorridors verläuft durch den Wartburgkreis und den Landkreis Schmalkalden-Meiningen.

Laut Landesregierung verstößt der Trassenverlauf gegen den Grundsatz der Geradlinigkeit. Bereits 2017 war Thüringen mit einem Eilantrag und einer Klage gegen den Routenverlauf vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. Die Suedlink-Leitung soll nach Verzögerungen bei der Planung voraussichtlich 2026 in Betrieb gehen.

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