Hannover. Vapes sehen aus wie Farbstifte und schmecken oft fruchtig. Experten warnen: Die Einweg-E-Zigaretten können Jugendliche süchtig machen.

Äußerlich sind sie bewusst harmlos gestaltet: Auf den ersten Blick könnten die sogenannten Vapes in den Händen von Kindern und Jugendlichen ohne Weiteres auch farbige Filzstifte sein oder ein knallbunt gestaltetes Feuerzeug. Zieht man an ihnen und inhaliert den Rauch, schmecken manche von ihnen nach vermeintlich harmlos süß nach Kaugummi, Himbeere, Wassermelone oder Passionsfrucht.

Das Problem: Immer mehr Jugendliche greifen regelmäßig zu den Vapes, wie die Einweg-E-Zigaretten genannt werden. Dabei atmen die jungen Menschen aromatisierten Dampf ein, der in vielen Fällen gesundheitsschädliches und abhängig machendes Nikotin enthält. Geraucht wird auf dem Schulhof, auf dem Sportplatz, in der Fußgängerzone, manche der konsumierenden Jungen und Mädchen sind nicht älter als zwölf Jahre. Experten warnen vor den Produkten und fordern ein Umdenken.

Vapes: Experten fordern Verbot der Einweg-E-Zigaretten

Zu ihnen zählt der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert. Er warnt vor den Gefahren von Vapes. Die Produkte dürfen faktisch lediglich an Erwachsene verkauft werden, außerdem belasten sie die Umwelt. „Alle Anreize, die Jugendliche unnötig auf den Geschmack bringen könnten, gehören aus meiner Sicht abgeschafft“, sagt Blienert der Deutschen Presse-Agentur.

Da Vapes in einer großen Bandbreite an Sorten verkauft werden, die oft nach Früchten und süßen Aromen schmecken, würden die Produkte vor allem junge Menschen ansprechen – und den Weg zur richtigen Zigarette bereiten: Der Drogenbeauftragte betont daher: „Aus meiner Sicht wäre daher ein konsequentes Verbot von Aromen sinnvoll.“

Studien zeigten außerdem, dass die Aromatisierung der enthaltenen Flüssigkeiten (Liquids) auch für sich selbst gesundheitliche Risiken bergen und etwa eine entzündungsfördernde Wirkung haben könnten. Aus diesem Grund wären auch Vapes ohne Nikotin bedenklich.

Jugendliche greifen laut Studie häufiger zu Tabak und E-Zigaretten

Laut der Ende 2022 veröffentlichten Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra) hat sich der Anteil der Raucherinnen und Raucher unter den 14- bis 17-Jährigen innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt - von 8,7 auf 15,9 Prozent. Bei den 18- bis 24-Jährigen stieg er von 36,1 auf 40,8 Prozent. Auch beim Konsum von E-Zigaretten und ähnlichen Produkten gab es einen starken Anstieg von 0,5 auf 2,5 Prozent bei den 14- bis 17-Jährigen und von 2,4 auf 4,0 Prozent bei den 18- bis 24-Jährigen.

Wegen ihres hohen Nikotingehalts machten viele Einweg-E-Zigaretten schnell abhängig, warnt der Leiter der Debra-Studie, Daniel Kotz, vom Schwerpunkt Suchtforschung am Institut für Allgemeinmedizin der Universität Düsseldorf. In den Geräten werden Flüssigkeiten (Liquids) erhitzt, die entstehenden Aerosole werden inhaliert. Manche Liquids enthalten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) doppelt so viel Nikotin wie herkömmliche Zigaretten. In Studien seien bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hoher Blutdruck und Lungenprobleme nachgewiesen worden.

Vapes ähneln farbigen Filzstiften und es gibt sie in fruchtigen Geschmacksrichtungen. Experten warnen aber: Sie können Kinder und Jugendliche schnell nikotinsüchtig machen.
Vapes ähneln farbigen Filzstiften und es gibt sie in fruchtigen Geschmacksrichtungen. Experten warnen aber: Sie können Kinder und Jugendliche schnell nikotinsüchtig machen. © dpa | Moritz Frankenberg

Vapes werden bei Tiktok und Co. als cool in Szene gesetzt

Influencer zeigen sich in sozialen Netzwerken gern mit einer Vape in der Hand, cool umnebelt von Dampf. Zu #vape oder #vaping gibt es Tausende Beiträge, etwa auf Tiktok. Einige Clips warnen aber auch vor gesundheitlichen Risiken. Deutschrapper wie Haftbefehl oder 187 Strassenbande haben bereits eigene Vapes auf den Markt gebracht.

„Die E-Zigaretten wirken clean und trendy. Im Grunde wird ein Zerrbild des gesunden Rauchens vermittelt“, sagt Rainer Thomasius, der das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) leitet. Der Kinder- und Jugendpsychiater plädiert für ein schnelles Verbot von Aromastoffen sowie ein Werbeverbot. „Die Suchtprävention in Deutschland hat bei diesem Thema geschlafen“, kritisiert der Mediziner. Bisher gebe es von Seiten der Politik nur Ankündigungen von strengeren Maßnahmen.

Jugendschutz: Australien schiebt Vapes den Riegel vor

Australien dagegen verbietet künftig die Einfuhr von allen Vapes, die nicht für Apotheken bestimmt sind. Die Regierung begründet diesen Schritt mit dem Jugendschutz. „Keine Kaugummi-Aromen mehr, keine rosa Einhörner oder E-Zigaretten, die als Textmarker getarnt sind, damit Kinder sie in ihren Federmäppchen verstecken können“, sagte Gesundheitsminister Mark Butler am 2. Mai. Wer dampfe, werde mit einer dreimal höheren Wahrscheinlichkeit auch mit dem Rauchen von Tabakzigaretten anfangen.

Das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BFTG) sieht das anders und verweist auf eine bereits 2016 erschienene Studie, wonach 98 Prozent der E-Zigaretten-Nutzer erwachsene Ex-Raucher seien. „Aromen sind sehr wichtig für erwachsene Raucher, um auf die E-Zigarette umzusteigen und für Dampfer, um bei der E-Zigarette zu bleiben“, betont der BFTG-Vorsitzende Dustin Dahlmann. Das Beispiel USA zeige: „Wenn Aromenverbote für E-Zigaretten ausgesprochen werden, steigt die Zahl der Raucher wieder und der illegale Handel blüht auf.“ Das BFTG ist ein Zusammenschluss von Unternehmen der E-Zigaretten-Branche.

Einstiegsdroge für Jugendliche oder sinnvoller Rauchstopp für Erwachsene?

Es sei überhaupt nicht im Sinn der Hersteller, dass Tiktok-Stars oder Rapper E-Zigaretten bewerben oder besingen, betont Dahlmann. „Jugendliche oder Nichtraucher sollten weder rauchen noch dampfen. Die E-Zigarette ist eine Alternative für erwachsene Raucher, um einen Tabakstopp zu erreichen.“ Unternehmen hätten sich auf eine Selbstverpflichtung für verantwortungsvolle Werbung geeinigt. Dazu gehöre, dass keine Personen im Alter unter 30 Jahren gezeigt würden.

Die neue Produktpalette mit bunten, vielversprechenden Aromen ziele auf den Markt der Kinder und Jugendlichen, betont dagegen die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Zahlreiche Studien belegen demnach, dass es einen Übergang vom Probieren von E-Zigaretten zum Rauchen von Tabakzigaretten gebe. Laut DHS bestehen „grundlegende Zweifel an einem positiven Effekt der E-Zigarette auf die rauchende Bevölkerung“.

E-Zigaretten: Australien verbietet künftig die Einfuhr von allen Vapes, die nicht für Apotheken bestimmt sind.
E-Zigaretten: Australien verbietet künftig die Einfuhr von allen Vapes, die nicht für Apotheken bestimmt sind. © dpa | Joel Carrett

Wie schädlich sind Vapes? Das sagt die Forschung

Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg ist im direkten Vergleich zum Tabakrauchen der Konsum von E-Inhalationsprodukten wahrscheinlich etwas weniger schädlich, da die Liquids nicht verbrannt, sondern erhitzt werden. Allerdings enthalte das Aerosol von E-Zigaretten gesundheitsschädliche Substanzen wie beispielsweise Formaldehyd und Acrolein. Tabakrauchen ist laut DKFZ in Deutschland jährlich für 127.000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich, auch das stark abhängig machende Nikotin stehe im Verdacht, Krebs zu erzeugen.

Suchtberatungen beobachten die Verbreitung der Vapes unter Teenagern mit Sorge. „Über Jahre ist es gelungen, das Rauchen unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu reduzieren“, sagt Tobias Trillmich von der Niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen. „Rauchen war uncool, ungesund, hatte ein schlechtes Image.“

Einweg-E-Zigaretten: Bessere Eltern-Aufklärung gefordert

Auch weil sich Rapper und Influencer mit Vapes zeigten, würden sie für manche Jugendliche reizvoll. Hinzu komme der niedrige Preis. „Es ist erwiesen, dass gerade bei Jugendlichen der Preis einen Einfluss auf das Konsumverhalten hat.“ Durch Online-Shops sei es zudem schwer, die Auflagen des Jugendschutzes durchzusetzen.

Trillmich plädiert für eine bessere Aufklärung, auch der Eltern. Die ahnten oft nicht, dass die harmlos aussehenden bunten Dinger im Kinderzimmer erhebliche Mengen Nikotin enthalten könnten, was eine hohe Gefahr der Abhängigkeit berge.

(dpa/mahe)