Weimar. Das Amtsgericht Weimar hat in einem Urteil entschieden, dass ein zentrales Element des Lockdowns aus dem Frühjahr in Thüringen nicht rechtmäßig war: das Kontaktverbot.

Die damalige Anordnung eines Kontaktverbotes in Thüringen sei «in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig» gewesen, heißt es in einer Mitteilung des Amtsgerichts in Weimar vom Mittwoch. Es sei damit «nichtig» gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob die Stadt Weimar Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen wird, ist derzeit noch unklar. Aktuelles zur Corona-Pandemie in Thüringen lesen Sie in unserem Blog

Hintergrund für das Urteil ist nach Angaben des Gerichts ein Bußgeldverfahren. Ein Mann hatte von der Stadt Weimar einen Bußgeldbescheid erhalten, nachdem er im April 2020 mit sieben weiteren Personen im Hof eines Wohnhauses in Weimar einen Geburtstag gefeiert hatte. Damals habe sich der Mann nach der Corona-Verordnung des Landes vom 18. April 2020 aber nur mit höchstens einer haushaltsfremden Person treffen dürfen.

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Gegen den Bußgeldbescheid wehrte sich der Beschuldigte juristisch, das Verfahren landete vor dem Amtsgericht. Dort wurde er mit dem Urteil vom Vorwurf, gegen die Verordnung verstoßen zu haben, freigesprochen.

Rechtsgrundlage fehlte in der Verordnung

Das Gericht argumentiert der Mitteilung zufolge unter anderem, die damalige Corona-Verordnung sei verfassungswidrig gewesen, weil das Infektionsschutzgesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage für solch weitreichende Regelungen wie das Kontaktverbot gebildet habe. Das Gesetz ist inzwischen als Reaktion auf derartige, schon in der Vergangenheit vorgetragene Kritik präzisiert worden. Zudem habe die Anordnung des Kontaktverbots gegen die Menschenwürde verstoßen und sei nicht verhältnismäßig gewesen, begründet das Gericht seine Entscheidung.

Auch habe es zum besagten Zeitpunkt im Frühjahr in Deutschland keinen Gesundheitsnotstand gegeben, bei dem der Zusammenbruch des Gesundheitssystems gedroht hätte, und der gegebenenfalls mit einem Eingriff in die Menschenwürde vereinbar gewesen wäre.

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Inzwischen ist die Infektionslage in Thüringen deutlich dramatischer als im Frühjahr vor einem Jahr und der Freistaat gilt als bundesweit am heftigsten von der Pandemie betroffenes Bundesland. Die Corona-Verordnung vom 18. April 2020 ist inzwischen durch andere Verordnungen des Landes ersetzt worden.

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums verwies in einer Reaktion auf die Entscheidung aus Weimar darauf, dass das Thüringer Oberverwaltungsgericht (OVG) in seiner bisherigen Rechtssprechung die Notwendigkeit für strenge Eindämmungsmaßmahmen bislang nicht angezweifelt habe. Das OVG habe dazu «keine grundsätzlichen Bedenken» geäußert.