Etwas mehr Aufmerksamkeit hat diese Band verdient. Christian Werner über das Album „Bandwagonesque“ von Teenage Fanclub.
Es gibt heute wie damals eine Reihe unterschätzter und unterbewerteter Musiker. Die Gründe sind vielfältig: Marktmechanismen allgemein etwa, ein schwer überschaubarer Markt im speziellen, die Höhe des jeweiligen Marketingbudgets (Propaganda!), Glück ist auch dabei oder die nun mal leider begrenzte Aufmerksamkeitskurve des Menschen.
Und sagen wir es mal so: Der zuletzt genannte Punkt hat sich mit dem schwer kategorisierbaren Überangebot namens Internet nicht verbessert.
Wenn wie in der Corona-Krise die Hamsterräder des Fortschritts stillstehen, ist das eine willkommene Gelegenheit, den Fokus auf unschärfere Bereiche der Musikbranche zu stellen. Die schottische Band Teenage Fanclub ist so eine Erscheinung, der seit Jahren scheinbar immer weniger Aufmerksamkeit zuteil wird.
Durchbruch mit dem zweiten Album
Nun ist das Jammern auf hohem Niveau, die Gruppe veröffentlicht weiter offiziell Alben über eine Plattenfirma. Aber es gab frohlockendere Zeiten. 1991 etwa, der zweite Longplayer „Bandwagonesque“ war erschienen und somit ihr Durchbruch.
Gern erzählt wird die Anekdote, dass das Musikmagazin Spin die Platte seinerzeit als das beste Album des Jahres gelistet hatte. Immerhin teilt man sich den Jahrgang mit Nirvanas „Nevermind“, U2s „Achtung Baby“ und R.E.M.s „Out of Time“.
Selbst von mindestens einem der Gallagher-Brüder ist die Aussage überliefert, dass Teenage Fanclub die zweitbeste Band der Welt wären – nach Oasis selbstredend. Und wer die ehemaligen Oasis-Köpfe kennt, weiß, wie selten ein auch nur annähernd gutes Wort zu musikalischen Mitstreitern über ihre Lippen kommt.
„Bandwagonesque“ machte die Band einem breiteren Publikum bekannt, trotzdem ist sie eine Übergangsplatte. Und zwar vom leicht lärmenden zum deutlich feingliedrigeren Gitarren-Pop. Eigentlich waren alle Zutaten in der Musik von Teenage Fanclub schon immer angelegt, nur in unterschiedlich starker Ausprägung: die schmeichelnden Melodien, die vielstimmigen Harmonien. Einzig die leicht übersteuerten Gitarren wurden im Lauf der Jahre zurückgedreht.
Anfang der Neunziger bestimmen diese noch den Sound. Der Album-Opener und Trademark-Hit „The Concept“ wirkt wie ein Fanal: Die Grundstruktur thront und dröhnt über sechs Saiten, ab der Mitte drosselt die Band das Tempo und wendet sich sehnsuchtsvoll gedehnten Beatles-Harmonien zu. Auch die viel gezogenen Vergleiche mit Big Star waren und sind niemals überzogen.
Reinhören!
Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne. Die Titel werden mit jeder neuen Folge unserer Kolumne erweitert. Und hier erfahren Sie, warum die Songs ausgewählt wurden.