Erfurt. Bruce Springsteen singt auf „Only the Strong survive“ 15 Songs aus der goldenen Ära der Soulmusik. Seine Gitarre hat der Rock-Musiker für das Projekt gar nicht erst ausgepackt.

Wenn der Hohepriester des Rock’n’Rolls am Freitag plötzlich mit einem Cover-Album voller Soul-Songs um die Ecke kommt, ist Skepsis nicht der schlechteste Ratgeber. Doch Bruce Springsteen hat – wenig verwunderlich – wieder eine Mission: Er möchte mit „Only the Strong survive“ der Jugend die Musik der 60er- und 70er-Jahre näherbringen, die Rhythm-and-Blues-Hits seiner Adoleszenz.

Ob nun ausgerechnet ein 73-jähriger Gitarrenheld – der auf dem Album nur singt und keine Saite anschlägt – der richtige ist, um die Generation jenseits der Zwanzig zu erreichen? An genügend Influencer-Power dürfte es dem Mann jedenfalls mangeln. Dafür schöpft er aus einer anderen Quelle, der ewig sprudelnden Kraft der Musik.

Soul-Musik ist schon immer ein wichtiger Einfluss

Und ehrlicherweise gehört US-amerikanische Soul-Musik schon immer zum Einfluss und Repertoire Springsteens. Wer je eines seiner Konzerte besucht hat, weiß davon zu berichten. Auch das Frühwerk in den Siebzigern ist davon durchzogen. Nicht zuletzt die aus dieser Zeit stammende Outtake-Sammlung „The Promise“, erst vor ein paar Jahren veröffentlicht, wartete mit einigen Soul infizierten Songperlen auf.

Auch das Erkunden anderer Musikstile ist Springsteen nicht fremd. Nach dem Folk-Projekt „The Seeger Sessions“ gab es jüngst erst das Konzeptalbum „Western Stars“, das der südkalifornischen Musik der 60er- und 70er-Jahre huldigt.

Nun also Soulmusik. Und Springsteen macht vieles richtig: Er mischt empathisch und mit knackigem Sound fast vergessene Klassiker wie „Do I love you (indeed I do)“ von Frank Wilson aus dem Jahr 1965 mit Evergreens wie „The Sun ain’t gonna shine anymore“ von den Walker Brothers oder „What becomes of the broken Hearted“.

Teil des berühmten Soul-Duos Sam and Dave im Studio

Für „Soul Days“ holte er sich gar Sam Moore des berühmten Soul-Duos Sam and Dave ins Studio. Die beiden Musiker hatten Anfang der Neunzigerjahre bereits zusammengearbeitet. Moore war damals einer der Background-Sänger auf dem Springsteen-Album „Human Touch“.

Es bleibt freilich anfangs gewöhnungsbedürftig, dass gerade Bruce Springsteen solche Schmachtsongs intoniert. Doch das Experiment gelingt, auch wenn er gesanglich das ein oder andere Mal an seine Grenzen kommt. Dem Commodores-Hit „Nightshift”, ausnahmsweise aus den Achtzigerjahren, treibt er gar seine Käsigkeit aus.