Erfurt. Am heutigen Samstag finden europaweit Proteste gegen den immer weiter ausufernden Mietenwahnsinn statt. In Thüringen wird es in Erfurt und Jena Demonstrationen geben.

In Thüringen formiert sich Widerstand gegen steigende Mietpreise. Für dieses Wochenende riefen die Mieter-Initiativen „Erfurt für alle“, „Recht auf Stadt Jena“ und „Raumstation Weimar“ zu Demonstrationen in Erfurt und Jena auf. Anlass ist ein europaweiter Protesttag des Netzwerkes „Gegen Mietenwahnsinn“.

Statt sozialen Wohnungsbau zu sichern und voranzutreiben, würden die Mietpreise durch neue Luxuswohnungen hochgetrieben, heißt es in einer Erklärung der Initiatoren. „In Jena kann sich ein Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen 90 Prozent der Neubauten nicht leisten.“ Pro Quadratmeter zahle man in der Saalestadt im Schnitt knapp 8 Euro, in Erfurt und Weimar sind es rund 7 Euro. In Erfurt seien die Mieten zwischen 2007 und 2015 um ein Viertel gestiegen. Die Politik sei Teil des Problems.

Laut Verbraucherpreisindex des Thüringer Landesamtes für Statistik zeigt die Mietpreiskurve in Thüringen seit Jahren nach oben. Gegenüber 2015 stiegen die Wohnausgaben demnach um fast vier Prozentpunkte. Mehr als 20.000 Haushalte beziehen Wohngeld (Stand 2017). Besonders hoch ist der Anteil unter den Ein-Personen-Haushalten. In Erfurt, Gera, Jena und Weimar sowie in den Kreisen Saalfeld-Rudolstadt, Schmalkalden-Meiningen und Ilm-Kreis gibt es die meisten Empfänger von Zuschüssen. Während in städtischen Ballungsräumen Wohnungen gesucht werden, stehen in ländlichen Regionen viele Quartiere leer.

Zudem beklagte das Thüringer Bauministerium unlängst, dass immer mehr Wohnungen aus der sozialen Bindung herausfielen. Derzeit gebe es noch 16.000 Sozialwohnungen. Um den Trend zu stoppen, stellt das Land jährlich 50 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Ende 2018 befanden sich über 1000 zusätzliche Wohnungen im Bau, 500 waren in der Planung. Laut Wohnungsmarktbericht müssten allerdings in den nächsten zehn Jahren rund 40.000 Wohnungen gebaut werden. Allein in den größeren Städten wie Erfurt, Jena und Weimar würden 36.000 Wohnungen gebraucht.

Die Initiatoren der Kampagne „Gegen Mietenwahnsinn“ drängen die Politik zum Handeln. Sie fordern eine deutliche Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus, die Rekommunalisierung und Bezahlbarkeit städtischen Wohnraums sowie ein Stopp von Verdrängungen durch Modernisierung. Im Jahr der Landtags- und Kommunalwahlen müsse es politische Garantien für bezahlbares Wohnen geben.

Zur Debatte über die Enteignung von Immobilienkonzernen twitterte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) in dieser Woche, wenn Wohnungen zu Spekulationsobjekten und Mieten unbezahlbar würden, seien Gegenmaßnahmen notwendig. „Das gilt besonders in Ballungsgebieten und wenn Leerstände künstlich erzeugt werden. Spekulationen mit Wohnraum muss der Boden entzogen werden“, so Ramelow.