Berlin. Australien hat als erstes Land der Welt Partydrogen als Medikamente gegen Depressionen und Traumata zugelassen. Experten sind besorgt.

Australien ist das erste Land der Welt, das Drogen wie MDMA und Psilocybin als Medikamente zur Behandlung psychischer Störungen zulässt. Seit Anfang Juli kann das in Ecstasy enthaltene synthetische Amphetaminderivat MDMA zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) eingesetzt werden.

Der Wirkstoff Psilocybin, der in psychoaktiven Pilzen vorkommt, darf bei schwer behandelbaren Depressionen eingesetzt werden. Experten kritisieren die Entscheidung, Befürworter verweisen auf den möglichen therapeutischen Nutzen.

Australien: Ecstasy und Magic Mushrooms zugelassen

Die australische Arzneimittelbehörde (TGA) hat grünes Licht für den Einsatz von Rauschmitteln wie Ecstasy und Magic Mushrooms zur Behandlung von Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen gegeben. Das synthetische Amphetaminderivat MDMA, ein Hauptbestandteil von Ecstasy, wird zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen eingesetzt. Der in psychoaktiven Pilzen enthaltene Wirkstoff Psilocybin ist für die Behandlung schwer behandelbarer Depressionen zugelassen.

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Australien ist Vorreiter bei der Verwendung von Partydrogen als Arzneimittel

Mit dieser Entscheidung wird Australien zum weltweiten Vorreiter bei der Verwendung von Partydrogen als therapeutische Substanzen. Die Entscheidung der TGA hat jedoch Kritik von führenden Psychologen und Neurowissenschaftlern hervorgerufen. Sie werfen der Behörde vor, sich dem Druck der Öffentlichkeit und von Lobbygruppen gebeugt zu haben, indem sie "den Zugang zu diesen experimentellen Behandlungen außerhalb klinischer Studien ermöglicht".

Kritik an der TGA-Entscheidung

In einem Beitrag für das "Australian & New Zealand Journal of Psychiatry" betont die Forschungsgruppe, dass die Evidenz noch nicht ausreiche, um einen breiten Zugang zu rechtfertigen. Obwohl erste Studienergebnisse vielversprechend seien, blieben noch viele Fragen offen. Zudem wies die Expertengruppe um Susan Rossell, kognitive Neuropsychologin am Swinburne's Center for Mental Health in Melbourne, darauf hin, dass eine Behandlung mit MDMA oder Psilocybin psychotherapeutisch begleitet werden müsse.

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Strenge Regeln und Genehmigungsverfahren

Ein Sprecher der TGA betonte jedoch gegenüber dem australischen "Guardian", dass die Entscheidung der Behörde keineswegs von Lobbygruppen oder Medien beeinflusst worden sei. Die Vorteile einer solchen Behandlung bei einigen Patienten unter der Aufsicht eines zugelassenen Psychiaters überwiegen ihrer Meinung nach die möglichen Nachteile.

Psychiater, die diese Wirkstoffe einsetzen wollen, müssen jedoch nach Prüfung und Zustimmung durch eine Ethikkommission eine Genehmigung der TGA einholen. Die Behandlung mit diesen Substanzen werde nur in überwachten klinischen Umgebungen stattfinden, betonte Daniel Perkins von der Universität Melbourne.

Wirkungsweise und Bedenken

Bei der Einnahme von MDMA werden Neurotransmitter wie Serotonin ausgeschüttet, was zu einer Stimmungsaufhellung führt. Psilocybin hingegen wirkt halluzinogen und erweitert das Bewusstsein. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva dämpft Psilocybin die Gefühlswelt nicht, sondern intensiviert Emotionen und Sinneswahrnehmungen. Kritiker warnen jedoch vor der Gefahr von Psychosen, die mit der Einnahme dieser Substanzen verbunden sein könnten.

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Die Schweiz nutzt bereits die therapeutischen Möglichkeiten von Ketamin

Seit drei Jahren ist in der Schweiz ein Medikament mit ähnlichen Eigenschaften wie MDMA und Psilocybin zugelassen: ein rezeptpflichtiges Nasenspray mit dem Wirkstoff Ketamin. Ketamin ist ein psychoaktives Betäubungsmittel, das ursprünglich als Anästhetikum bei Operationen entwickelt wurde. Aufgrund seiner halluzinogenen Nebenwirkungen wird es jedoch nur in der Notfallmedizin eingesetzt. Der Freizeitkonsum von Ketamin ist verboten.

Elon Musk: Tesla-CEO setzt Ketamin gegen Depressionen ein

Der CEO von Tesla, Elon Musk, geriet vor Kurzem in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass er Mikrodosen von Ketamin einnimmt, um seine Depressionen zu behandeln. Berichten zufolge soll er das Medikament auch in höheren Dosen auf Partys konsumieren. Allerdings ist Ketamin auch in den USA verschreibungspflichtig. Hohe Dosen von Ketamin können zu Abhängigkeit und schweren Blasenstörungen führen. Laut dem Psychiater Gregor Hasler von der Universität Freiburg besteht auch die Gefahr, dass bestehende Depressionen verstärkt werden.

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Ketamin zur Behandlung von Kokainabhängigkeit?

Ketamin soll künftig auch zur Behandlung von Kokainabhängigkeit eingesetzt werden. Die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich (PUK) startet diesen Sommer eine Studie, in der die Wirksamkeit einer Behandlung mit Ketamin in Kombination mit Psychotherapie untersucht wird. Ketamin erhöht die Neuroplastizität im Gehirn, was die Fähigkeit des Gehirns, neue Verhaltensmuster zu erlernen, verbessern könnte.