Der Kia Niro steht für die ausgeklügelte Elektrostrategie des südkoreanischen Importeurs.

Drei verschiedene Antriebe, darunter ein vollelektrischer, aber nur eine Plattform. Es gibt nicht viele Hersteller, die diesen Spagat probieren. Kia zeigt mit seinem neuen Niro, wie es bei der Umsetzung der Elektrostrategie gehen kann.

Der asiatische Importeur geht davon aus, dass der Trend zu alternativen Antrieben – reinelektrische Autos, Hybrid, Plug in-Hybrid, Brennstoffzelle, Gas und Wasserstoff – bei uns anhält. Bis Ende Mai wurden zum Beispiel insgesamt 1.013.417 Pkw neu zugelassen, davon 449.345 oder 44,3 Prozent mit einem alternativen Antrieb (+15,4 Prozent). Auf Neuwagen mit einem Elektroantrieb (BEV, Plug-In, Brennstoffzelle) entfiel mit 24,5 Prozent (+10,4 Prozent) knapp ein Viertel aller Neuzulassungen.

Die zweite Generation soll dem Rechnung tragen, hieß es bei der Präsentation des vielseitigen Asiaten. Mit dem Niro Hybrid, dem Niro Plug-in Hybrid und dem Niro EV will Kia zudem jene Klientel gewinnen, die bislang noch nicht so recht von der E-Strategie überzeugt sind.

Eine Führungsrolle erhofft sich Kia insbesondere vom Niro EV. Sein Vorgänger, der e-Niro, kam vor gut drei Jahren als reiner Stromer nach Deutschland. Er war damals in der ersten Jahreshälfte auf Anhieb der meist verkaufte Elektro-Kia mit rund 75 Prozent aller Niro-Zulassungen, die inzwischen über 30.000 Fahrzeuge betragen. Kia rechnet immerhin mit 70 Prozent der Käufer für die EV-Variante.
Der neue Niro EV steht als preisintensivster vom Trio ab 47.590 Euro bei den Händlern in der Preisliste. Davon gehen aktuell noch die staatliche Prämie und der Herstelleranteil ab, so dass um die 38 020 Euro bleiben.

Beim frontgetriebenen Niro spricht Kia vom Crossover, einer Mischung aus SUV mit seiner erhöhten Sitzposition und Limousine.Die Front wird auch bei ihm wie bei allen neuen Kia-Modellen von der breiten Tigernase dominiert sowie am Heck von den Leuchten im Bumerang-Design.

Die Platzverhältnisse sind durch sechs Zentimeter Längenzuwachs auf 4,42 Meter vorn wie hinten ausreichend, einschließlich der Beinfreiheit. Zum Komfort gehört auch die elektrische Einstellung der Vordersitze, was nicht unbedingt in dieser Klasse zu erwarten ist. Auch an Platz im Kofferraum (max. 1392 Liter Stauraum) hat der Kia EV gewonnen, da er keinen Benzintank benötigt und unter der Motorhaube kann in einer Mulde das Ladekabel verstaut werden

Die Armaturentafel wird von einem volldigitalen Kombiinstrument und dem Navi-Touchscreen bestimmt. Das passt alles auch optisch zum angenehmen Ambiente des Niro EV.

Mit einer Akkuladung kommt er bis zu 460 km weit, im Stadtverkehr sogar bis zu 640 km. Diese Angaben konnten auf einer ersten Ausfahrt rund um Frankfurt zwar nicht überprüft werden. Aber auf der Strecke durch die Mainmetropole hin zum Taunus und zurück überzeugte insbesondere das Fahrwerk des neuen Niro. Nahezu geräuschlos und unaufgeregt, wie von einem Elektrofahrzeug erwartet, nahm der in Südkorea gefertigte Asiate mit seinen 255 Newtonmeter Drehmoment zügig die Überholmanöver, war in knapp acht Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Als Spitze schafft der elektrische 204-PS-Motor gut 170 km/h. Was von der Probefahrt noch in Erinnerung blieb, war seine gute Dämmung und die präzise Lenkung. Durch den tiefen Schwerpunkt der Batterie ist ihm in Kurven ein leichtes Wanken weitgehend fremd.

Wer vor allem sparsam unterwegs sein möchte, wählt die Stufe Eco. Möglich sind zudem Normal, Sport und Snow – damit die Räder auch in der kalten Jahreszeit ausgiebig Haft haben. Praktisch auch der Tipp vor der Testfahrt von Susanne Mickan, Pressechefin von Kia Deutschland, den wir gern annehmen: Mit den beiden Schaltpaddles am Lenkrad lässt sich die Kraft der Bremsvorgänge durch Rekuperation je nach Fahrsituation vorwählen. Mit etwas Übung macht das richtig Spaß und kann tatsächlich ein Plus an Reichweite ausmachen.

Laut Kia ist die Batterie (Lithium-Ionen-Polymer, 64,8 kWh) in 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent aufgeladen. Vorausgesetzt, es steht eine 80-kW-Schnellladestation zur Verfügung. Das Laden mit Wechselstrom werde durch einen Drei-Phasen-On-Board-Charger beschleunigt, hieß es. Nicht uninteressant ist die Tatsache, dass der neue Niro einen bis zu 750 Kilogramm schweren Anhänger ziehen darf.

Auch beim neuen 2,2 Tonnen schweren Niro hält Kia an seiner siebenjährigen Herstellergarantie inklusive Batterie fest und hofft so noch den einen oder anderen zu überzeugen.