Südtirol. Nach erneuten Sichtungen von Bären und Wölfen wächst die Angst vor Angriffen. Südtirol will nun den Schutz der Großraubtiere aufheben.

Die Großraubtiere bereiten dem Dolomiten-Urlaubsparadies Südtirol Kopfschmerzen. Kurz vor den geplanten Almauftrieben des Weideviehs entscheiden sich immer mehr Bauern dagegen. Besonders Schaf- und Ziegenzüchter lassen ihre Tiere heute aus Sorge vor Wolfsangriffen sicherheitshalber lieber im Tal. In Gröden hat jetzt sogar ein Kindergarten aus Angst vor Wolf und Bär die geplante Waldwoche abgeblasen.

Die Tiere sind durchaus keine touristische Attraktion, sondern ein Sorgenfaktor für das Land Südtirol, das sich jetzt für eine Senkung des Schutzstatus von Großraubwild einsetzen will.

Südtirols Landeshauptmann ist für eine stärkere EU-Regulierung

Dafür macht sich Landeshauptmann Arno Kompatscher diese Woche in Brüssel stark. Einzelne Problem-Raubtiere in andere Gebiete zu verlegen, reiche nicht. Es brauche eine Regulierung wie bei anderen geschützten Tieren, meint der Landeshauptmann, der an einer Sitzungswoche des Ausschusses der Regionen teilnimmt.

Dabei will er sich gegenüber der EU-Kommission und dem EU-Parlament für eine Kehrtwende in Sachen Großraubwild einsetzen. "Inzwischen bin ich nicht mehr einer der wenigen Rufer in der Wüste. Ich war 2017 in Brüssel, damals hat in Südtirol noch kaum jemand über das Thema Großraubwild gesprochen. Wir haben Alarm geschlagen und gesagt, dass das alles aus dem Ruder laufen wird. Von einer Bedrohung, dass diese Tiere aussterben, kann keine Rede mehr sein. Seither haben wir unzählige Initiativen in dieser Richtung gestartet - auch im Ausschuss der Regionen", sagt Kompatscher.

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Bei seinem Anliegen in Brüssel kann er mit der Unterstützung der benachbarten Regionen Trentino und Tirol rechnen. "Bisher ist leider zu wenig passiert. Es gibt aber langsam Signale, dass man in Brüssel und auch in Rom in Sachen Großraubtiere umzudenken beginnt ", meint der Südtiroler Landeshauptmann.

Braunbären: Immer mehr Angriffe und Sichtungen

Infolge des von der EU finanzierten Wiederansiedlungsprojekts "Life Ursus" haben sich Braunbären im Trentino stark vermehrt. Nachdem ein Problembär am 26. März den Jogger Andrea Papi tödlich verletzt hat, wächst der Druck seitens der Einwohner der Trentiner Täler auf eine Verringerung der Bärenbevölkerung, die inzwischen auf circa 100 Exemplare gestiegen ist.

Umsiedlungspläne stoßen auf Schwierigkeiten. Trentinos Nachbarregionen haben keine Absicht, die Bären aufzunehmen. Auch Italiens Nachbarland Slowenien, aus dem mehrere im Trentino angesiedelte Bären ursprünglich stammen, will von der Aufnahme weiterer Raubtiere nichts wissen.

Probleme mit den Bären gab es zuletzt auch in Österreich. Bei Salzburg wurde dieser Tage in den Morgenstunden auf den Gleisen der Westbahn ein Braunbär von einem Zug erfasst und getötet. Dabei handelte es sich bei dem Bären um ein männliches Tier mit einem Gewicht von rund 100 Kilogramm.

In Pongau war ein Bär auf Gleisen unterwegs. Dabei wurde er von einem Zug erfasst und starb.
In Pongau war ein Bär auf Gleisen unterwegs. Dabei wurde er von einem Zug erfasst und starb. © dpa

Der Kadaver wurde mit einem Kran von den Gleisen entfernt. Dass das Tier auf den Gleisen unterwegs war, sei nicht ungewöhnlich, betonten Experten. So lassen sich nicht nur Täler überqueren, sondern rasch große Strecken zurücklegen.

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Förster sollen Wölfe vergiftet haben

Dass das Zusammenleben mit Großraubwild nicht immer einfach ist, zeigt auch die Erfahrung der mittelitalienischen Apennin-Region Abruzzen. 9 Wölfe wurden von Förstern in der Provinz L'Aquila unweit des Nationalparks der Abruzzen tot aufgefunden. Die Tiere sollen mit vergifteten Fleischstücken, die man in den Wäldern der Gegend entdeckte, getötet worden sein.

Wie der Nationalpark bestätigte, wurde ein gesamtes Wolfsrudel, das im Gebiet lebte, innerhalb einer Woche ausgerottet. Die Todesursachen werden jetzt von Experten geprüft.

Italien: Wolf greift Frau an und entführt ihren Hund

Bei der Bevölkerung sind Wölfe nicht beliebt. Eine Frau ist in der kleinen Ortschaft Palombaro in den Abruzzen von einem Wolf angegriffen worden. Die 56-Jährige war im Zentrum des 1000-Einwohner-Dorfes mit ihrem Hund unterwegs, als der Wolf auf das Tier losging.

Die Frau versuchte, ihren Hund zu verteidigen, daraufhin griff der Wolf auch sie an. Als sie zu Boden stürzte, sei der Wolf mit dem kleinen Hund im Maul davongelaufen, berichtete sie. Die 56-Jährige wurde mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

Experten zufolge könnte der Wolf von seinem Rudel verstoßen worden und deshalb hungrig gewesen sein. Das Verhalten des Wolfes sei "ein nicht übliches", unterstrich Simone Angelucci, Mitarbeiter im örtlichen Parco della Majella, da Wölfe meistens im Rudel jagen. Er betonte, "es könnte sich um ein potenziell gefährliches Exemplar" handeln. Im Parco della Majella leben circa 70 bis 80 Wölfe in zehn Rudeln.