Der Nutzen betrieblicher Gesundheitsvorsorge ist unumstritten. In vielen Unternehmen sind die „Health Manager“ ein gutes Bundeglied zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Betriebsabläufen.

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Die Gesundheit ist ein hohes Gut für jedes Unternehmen. Dr. Daniele Bencivinni, Betriebsarzt an der Zentralklinik, über Möglichkeiten der Arbeitsmedizin.

Hat Prävention messbare Auswirkungen auf die Anzahl Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten?

Ja, sonst würden wir das Ganze nicht machen. Die Arbeitsmedizin ist eine jüngere Disziplin und hat erste Verdienste verzeichnet, dass z. B. arbeitsbedingte Erkrankungen beim Umgang mit Asbest oder im Bergbau verhindert wurden, indem Materialien verboten wurden bzw. eine Pflicht zum Tragen eines Atemschutzes eingeführt wurde. Wir können heute in der Klinik z. B. durch höhenverstellbare Betten, Aufsteh- und Hebehilfen, durch aktive Mittagspausen, durch Sport usw. Rückenerkrankungen vermeiden. Das geht auch mit psychischen Erkrankungen. Es gibt Modellrechnungen, die sagen: Jeder Euro, der in das Betriebliche Gesundheitsmanagement investiert wird, spart bis zu 4 Euro an Folgekosten durch geringere Erkrankungen bei Mitarbeitern.

 Dr. Daniele Bencivinni, Betriebsarzt an der Zentralklinik Bad Berka.
Dr. Daniele Bencivinni, Betriebsarzt an der Zentralklinik Bad Berka. © Zentralklinik Bad Berka

Gibt es auch dadurch weniger Fehlzeiten und eine höhere Motivation?

Ja, diese Zahlen gibt es tatsächlich und man muss sie kritisch begutachten. Die großen Unternehmen würden kein BGM einführen, wenn es sich nicht lohnen würde. Damit lassen sich Fehlzeiten und Arbeitsunfähigkeitszeiten minimieren. Wenn man sich um die Mitarbeiter kümmert, dann nehmen die Fehlzeiten ab. Das ist nachgewiesen.

Sie sind Facharzt für Anästhesiologie und Arbeitsmedizin – warum sind Sie gern Betriebsarzt, warum sind Sie gern Mediziner?

Gute Frage. Es macht mir Spaß, diese Interaktion mit Menschen. Für mich ist es ein gutes Gefühl, wenn ich einem Menschen helfen kann, insbesondere auch langfristig. Das einfachste Beispiel ist, wenn ich z. B. dafür sorgen kann, dass ein Gehörschutz getragen wird. Dann braucht niemand einen HNO-Arzt. Prävention gefällt mir.

Was ist mit Gesundheitsförderung und einer guten Arbeitsplatzgestaltung und insgesamt einer guten Unternehmenskultur?

Ja, alles das ist richtig. Ich denke, das ist ein langsamer, stetiger Prozess. Unternehmen müssen überlegen, wie Arbeitsplätze auch gesundheitsfördernd gestaltet werden können.

Ist das die Obstschale auf dem Flur, das Wasser im Spender und die Massage einmal in der Woche?

Das sind alles gute Maßnahmen. Anstatt des Schokoladenriegels einen Apfel zu essen, auch. Die Umsetzung von präventiv wirksamen Ergonomie Mindeststandards sollte in allen Arbeitsbereichen zur Selbstverständlichkeit werden. Auf den Mitarbeiter abgestimmte Tisch- und Stuhlhöhen, die ein ergonomischen Sitzen, Stehen und Bewegung ermöglichen sollten ebenso wie eine augenschonende Halswirbelsäule gerechte Monitoreinstellung überall umgesetzt werden. Doch es kommt auch darauf an, dass jeder weiß, wie durch regelmäßige Bewegung bereits Verspannungen vermieden werden können. Denn aktiver Gesundheitsschutz des einzelnen Mitarbeiters mit Bewegung ist vorteilhafter als eine Massage.

Was tun Sie für Ihre Gesundheit am Arbeitsplatz?

Ich unterscheide mich in meinen Bewegungsabläufen im Arztzimmer auch nicht viel von denen anderer Menschen, die in Büros arbeiten. Mein Tipp: In regelmäßigen Abständen bewegen, man kann sich selbst mit einem Wecker daran erinnern. Man sollte seine Sitzposition beachten, die Rückenhaltung, die Armstellung, auch mal gymnastische Übungen machen. Ich versuche auch öfter aufzustehen, nicht die Kollegen anrufen, sondern persönlich das Gespräch suchen. Zuhause trainiere ich auf dem Crosstrainer und mache jeden Tag eine halbe Stunde Yoga. Generell kann man sagen: Wir bewegen uns alle zu wenig. Eine Stunde Bewegung am Tag wäre gut. Am besten, man geht eine Stunde spazieren und bekommt an der frischen Luft auch einen freien Kopf. Das kann man übrigens auch in der Mittagspause versuchen, wenn man es einrichten kann.