Die Herzwochen der Deutschen Herzstiftung thematisieren in diesem Jahr den Bluthochdruck.

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Jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat einen diagnostizierten Bluthochdruck. Die Dunkelziffer, der an Bluthochdruck Leidenden ist aber hoch, denn viele Menschen wissen es gar nicht. Dr. Stefan Richter, Oberarzt am Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka über Ursachen, Therapie und Tipps für einen gesunden Blutdruck.

Ab welchem Alter oder bei welchen Symptomen sollte man regelmäßig, vielleicht auch zuhause, Blutdruck messen?

Ein erhöhter Blutdruck geht meistens nicht mit Symptomen einher, so dass man sich nicht danach richten kann. Allerdings können Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Schwindel, Übelkeit Kurzatmigkeit oder Druck im Brustbereich hinweisend auf deutlich erhöhte Blutdruckwerte, eine sogenannte Blutdruckkrise sein. Der durchschnittliche Blutdruck steigt mit dem Alter kontinuierlich an und damit auch das Risiko von Folgeerkrankungen und Komplikationen.

Menschen sind unterschiedlich, Größe, Gewicht – warum ein idealer Blutdruck für alle?

Das ist vollkommen richtig. Entscheidend für das Risiko einer Organschädigung, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt, ist der zentrale Blutdruck, der in der Hauptschlagader, der Aorta, herrscht. Allerdings ist dieser zentrale Blutdruck nicht so einfach zu bestimmen. Daher nutzt man die Blutdruckmessung am Arm als einfache und einigermaßen zuverlässige Alternative. Den idealen Blutdruck gibt es nicht. Man weiß, dass z.B. das Schlaganfallrisiko linear mit dem Blutdruck steigt und es scheinbar nach unten keinen Bereich gibt, an dem das Risiko nicht weiter fällt.

Was passiert im Körper bei hohem Blutdruck?

Das ist sehr komplex. Ein zu hoher Blutdruck führt zu erhöhten Scherkräften in den Gefäßen. Diese Scherkräfte führen zu mechanischen Schäden, aber auch zu lokalen Entzündungsreaktionen in den Gefäßwänden, was letztlich in einer Arteriosklerose mündet. Hierbei verlieren die Gefäße an Elastizität, es lagern sich Kalk und Fette in den Gefäßwänden ab. Zum einen können insbesondere kleine Gefäße hierdurch brüchig werden, so dass es zu Mikroblutungen z.B. im Auge aber auch im Gehirn kommen kann. Zum anderen können die Plaques in den Gefäßen aufreißen. Dabei werden Fette ins Gefäß freigesetzt, was das Gerinnungssystem aktiviert. Die Folge sind lokale Blutgerinnsel, die das Gefäß verstopfen und die Durchblutung des betroffenen Versorgungsgebiets verschlechtern. Dies äußert sich dann z.B. als Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Welche Hauptursachen hat Bluthochdruck?

In nur 5-10 % der Fälle findet man eine Ursache für den erhöhten Blutdruck. Hierzu zählen seltene genetische Veränderungen, Erkrankungen von Nieren, Nebennieren, Schilddrüse, die Aortenisthmusstenose oder das Schlafapnoesyndrom. Im Allgemeinen ist es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die die Entstehung des Bluthochdrucks begünstigen. Neben genetischen Faktoren spielen das Geschlecht und das Alter eine Rolle. Frauen sind durch Östrogene und das fehlende Testosteron länger geschützt. Aber auch Lebensstilfaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, hoher Kochsalzkonsum, Alkoholkonsum und Stress tragen entscheidend zur Entwicklung eines Bluthochdrucks bei.

Ist es richtig, dass man beim Messen beim Arzt immer noch einen kleinen Toleranzpegel mit einrechnet, weil Patienten ja auch aufgeregt sind?

Ja, man weiß, dass die Blutdruckwerte in der Regel beim Arzt oder in der Klinik etwas höher sind als in der Selbst- oder 24 Stundenmessung. Daher sprechen wir bei Praxisblutdruckwerten ab 140/90 mmHg und bei der Selbstmessung bereits bei Werten von 135/85 mmHg von Bluthochdruck. In einigen Fällen ist der Blutdruck, der in der Praxis oder Klinik gemessen wird, immer erhöht, während der zuhause korrekt gemessene Wert normal ist. Dann sprechen wir von der sog. „Weißkittelhypertonie“.

Wie sieht eine moderne Bluthochdruck-Therapie aus?

Die Therapie des Bluthochdrucks fußt auf 2 Säulen. Die erste Säule ist die Lebensstilmodifikation mit Gewichtsabnahme, Änderung der Ernährungsgewohnheiten und Reduktion der Kochsalzzufuhr, Bewegung, Stressreduktion und möglichst Verzicht auf Nikotin und Alkohol. Die zweite Säule ist die medikamentöse Therapie.

Kann ein gesunder Lebensstil den Blutdruck senken, also z. B. regelmäßige Bewegung?

Auf jeden Fall. Mit Sport und Alltagsbewegung wie Treppensteigen oder zu Fuß zur Arbeit gehen, können Sie Ihre Werte um etwa 5 bis 9 mmHg senken (diastolisch um 3-5 mmHg). Seien Sie dabei möglichst mindestens fünf Mal in der Woche für 30 Minuten aktiv. Wie stark die Blutdrucksenkung durch Sport ausfällt, hängt übrigens vom Ausgangswert ab. Generell gilt die Regel: Je höher der Ausgangsblutdruck, desto höher die Blutdrucksenkung. Die größten blutdrucksenkenden Effekte werden mit dynamischen (aeroben) Ausdauersportarten erzielt wie Laufen, Walking, Radfahren oder Schwimmen.

Was ist mit Gewichtsabnahme, Rauchstopp und Alkoholverzicht?

Jedes Kilo zählt, denn pro kg Gewichtsabnahme senken sie ihren Blutdruck im Durchschnitt um 1-2 mmHg. Das klingt erstmal wenig, bedeutet aber, dass insbesondere sehr dicke Menschen durch 20 kg Gewichtsabnahme ihren Blutdruck um 20-40 mmHg senken können.

Gibt es Lebensmittel oder Kräuter, die den Blutdruck senken? Sind Rote Bete und Ingwer Wunderknollen?

Wunderknollen würde ich nicht sagen, aber zumindest für Rote Bete ist ein blutdrucksenkender Effekt in einer kleinen Studie belegt. In Roter Bete, aber auch in Fenchel oder Weißkohl sind Nitrate enthalten, die eine Blutdrucksenkung bewirken können. In der besagten Studie tranken die Probanden einen halben Liter Rote Bete Saft, was mit einer Blutdrucksenkung von 5 mmHg über 24 Stunden verbunden war. Bei Ingwer ist die Datenlage nicht so eindeutig. Zumindest scheint mittlerweile geklärt, dass Ingwer nicht zu einer Blutdruckerhöhung führt. Ähnliches gilt für dunkle Schokolade. Auch hierin sind Stoffe enthalten, die eine geringe Blutdrucksenkung bewirken können. Sehr günstig sind Früchte oder Gemüse, die einen hohen Kaliumgehalt haben. Dazu zählen z.B. Bananen, Himbeeren, Johannisbeeren oder Aprikosen, Spinat, Kohlgemüse, Möhren und Hülsenfrüchte. Denn insbesondere die Kombination einer niedrigen Kochsalzaufnahme und einer hohen Kaliumaufnahme senkt nicht nur den Blutdruck sondern auch nachweislich das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt.