Der neue Gesundheitspodcast “Freche Fragen an Chefärzte“ ist eine Kooperation von Mediengruppe Thüringen und der Zentralklinik Bad Berka.

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Komplementärmedizin und Schulmedizin – oftmals wird darüber kontrovers diskutiert. Dr. Doreen Jaenichen, naturheilkundlich und integrativ arbeitende Allgemeinmedizinerin, und Prof. Merten Hommann, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Chirurgie und Viszeralchirurgie an der Zentralklinik Bad Berka beantworteten Freche Fragen und starten damit die Gesundheitspodcast-Reihe .

Sie diskutieren nicht kontrovers, sondern erweitern Perspektiven für Patienten. Wie?

Dr. Jaenichen: Ich habe vor vier Jahren angefangen, hier in Bad Berka zu arbeiten und ich wurde gerade wegen meiner Spezialisierung hierhergeholt. Naturheilkunde und Schulmedizin – ich finde, es ist wichtig, Wahlmöglichkeiten zu geben. Es geht darum, die Patienten wahrzunehmen und individuell zu unterstützen.

Prof: Hommann: Ja, es geht um eine Erweiterung. Wir haben bestmögliche Schulmedizin und wollen eine Synthese mit der Komplementärmedizin. D. h. wir verbinden die evidenzbasierte Leitlinien-Medizin, die Erfahrung des Therapeuten und den Patientenwunsch.

Müssen Sie Überzeugungsarbeit leisten – sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung?

Dr. Jaenichen: Ich biete fakultative Sprechstunden. Es muss niemand irgendetwas. Die Datenlage ist aber auch klar: 80 Prozent der Tumorpatienten möchten komplementärmedizinische Behandlungen.

Prof. Hommann: Natürlich ermuntern wir Patienten, ihre mitgebrachten Medikamente nicht zu verstecken, wir wollen sehen, was genommen wird und können diesen Prozess auch gut begleiten. Bei Patienten, die gar keine Schulmedizin wollen, ist das Gespräch wichtig, einen guten Weg zu finden.

Homöopathie, Ayurveda, Aromatherapie, Akkupunktur, das sind anerkannte Verfahren. Es gibt ja auch viele andere, z. B. Quantenheilungen, wo ziehen Sie bei der Wahl der komplementärmedizinischen Verfahren die Grenze?

Dr. Jaenichen: Wir sind in vielen Bereichen noch weit davon entfernt, auch mit guten, validen Studien ernst genommen zu werden. Da würde ich mir sehr viel mehr Offenheit wünschen, auch vorurteilsfrei gute Daten wahrnehmen.

Prof. Hommann: Auch hier gilt: Forschung ist wichtig. Man hat Erfahrungen und Ideen, kennt sich aber nicht mit allem aus. Und so fair sollte man auch sein. Sicher, man hat Medizin studiert, ist Facharzt, ist hoch spezialisiert, aber seine Offenheit sollte man nicht verlieren. Nur weil wir nicht wissen, wie es wirkt, heißt es nicht, dass es nicht wirkt. Ich wünsche mir da eine sachliche und sinnvolle Diskussion. Auf der anderen Seite darf man nichts Unsinniges zulassen oder befördern.

Alles, was den Patienten hilft, ist legitim?

Dr. Jaenichen: Natürlich frage ich schon bei der Aufnahme die Patienten was sie sich wünschen, jeder hat seine Geschichte und wir sind breit aufgestellt, wenn es um Komplementärmedizin geht. Der Patientenwille zur Therapiewahl ist wichtig. Alles wirkt besser, wenn der Patient dahintersteht. Das gilt nicht nur für die Komplementärmedizin, sondern auch für Schulmedizin.

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit ganz konkret aus?

Prof. Hommann: Wir verfügen über ein Netzwerk mit Therapeuten, es geht auch um viel Zeit für den Patienten, um seine Wünsche. In der Klinik bieten wir verschiedene Möglichkeiten, auch komplementärmedizinische Medikamente, aber natürlich immer auf Basis bestmöglicher Schulmedizin. Die äußeren Anwendungen wie pflegende Massagen, Wickel, Auflagen, Fußbäder bieten wir auf verschiedenen Stationen an. Uns ist es wichtig, dass wir Raum geben. Unsere Patienten sollen sich beschützt, gut angenommen und umsorgt fühlen.

Dr. Jaenichen: Die Basis bilden Ernährung, Bewegung, Kräutertherapie, Wassertherapie und Ordnungstherapie. Letztgenannte ist nicht so bekannt. Bei der Ordnungstherapie geht es individuell darum, herauszufinden, was man ändern kann. Dabei spielen der Schlaf, die Ordnung im Leben, Im Denken eine große Rolle. Und dann gibt es aber auch noch viele weitere Möglichkeiten, z. B. Misteltherapie, die traditionelle chinesische Medizin und die systemische Therapie.

In der derzeitigen Situation gelangen viele Menschen an ihre Grenzen. Wie kann man sich stärken?

Dr. Jaenichen: Die Basis ist, die innere Mitte nicht zu verlieren. Jeder hat besondere Bedürfnisse: Spazieren gehen, viel schlafen, Kontakte auch auf anderem Weg pflegen. Viele Patienten leiden, haben Angst vor wirtschaftlichen Problemen, Überforderung.

Prof. Hommann: Es hilft nur der Blick nach vorn: Sich selbst motivieren, zu handeln und auch sich selbst etwas gönnen, gut zu sich selbst zu sein.