Herzfehler können heute auch minimalinvasiv behoben werden. Dr. Thomas Kuntze, Chefarzt der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum der Zentralklinik Bad Berka über Prothesen für das Herz und die Entwicklung der Operationsmöglichkeiten.

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Wer braucht eine Prothese für das Herz?

Mit der Prothese für das Herz ist wohl die künstliche Herzklappe gemeint. Jeder Mensch hat in seinem Herzen 4 Herzklappen 2 davon im rechten 2 davon im linken Herzen. Die beiden Herzklappen im linken Herzen, die Aortenklappe und die Mitralklappe sind im Laufe eines langen Lebens vorrangig von Veränderungen betroffen. Die häufigsten sogenannten Herzfehler beim erwachsenen Menschen sind die undichte Mitralklappe und die eingeengte Aortenklappe. Bei ausgeprägten Veränderungen z.B. an einer eingeengten verkalkten Aortenklappe ist dann der Ersatz durch eine Herzklappenprothese notwendig.

Gibt es Symptome, die jeder spüren kann, die auf geschädigte Herzklappen hinweisen?

Wir kennen alle die typischen Symptome bei eingeengten Herzkranzgefäßen, die sogenannte Angina pectoris mit Engegefühl und Schmerz in der Brust. Solche Symptome sehen wir bei Herzklappenerkrankungen nur sehr selten, dafür sind die Anzeichen einer Herzklappenerkrankung vielgestaltig und nicht so typisch. Das heißt die auftretenden Beschwerden können auch verschiedene andere Ursachen haben und erst durch genauere Untersuchungen kann man feststellen, ob eine Herzklappe betroffen ist. Symptome, die bei geschädigten Herzklappen auftreten können, sind eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Luftnot unter Belastung oder bei sehr schweren Klappenveränderungen auch in Ruhe, Wasseransammlung im Körper, insbesondere in den Beinen oder auch bestimmte Herzrhythmusstörungen. Hier sind spezielle Untersuchungen notwendig.

Aus welchen Material bestehen die eingesetzten Herzklappen und wie lange halten Sie?

Am häufigsten werden biologische Herzklappen eingesetzt. Das sind Klappen die z.B. aus einer Schweine-Herzklappe oder einem Rinder-Herzbeutel produziert werden. Dabei wird das biologische Material so aufbereitet, dass es seine tierischen Eigenschaften verliert, aber die biologische Matrix möglichst unversehrt erhalten bleibt. Deshalb werden diese Klappen dann auch vom menschlichen Organismus hervorragend toleriert und teilweise mit körpereigenem Zellen bewachsen. Diese biologischen Prothesen haben den Vorteil, dass die Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln viel geringer ausgeprägt ist als bei mechanischen Prothesen. Die biologischen Prothesen der neuesten Generation zeigen eine sehr gute Haltbarkeit, das bedeutet, dass nach 10 Jahren noch die überwiegende Mehrheit der Bio-Prothesen gut funktionstüchtig ist.

Wie lange dauert so eine Operation?

Das variiert stark. Der Ersatz einer Herzklappe mit der Herz-Lungen-Maschine dauert etwa 2 Stunden. Ein Mehrfachklappenersatz kann durchaus 4-5 Stunden dauern. Die heute von uns in vielen Fällen favorisierte Methode, insbesondere bei älteren Patienten, ist der kathetergestützte Klappenersatz. Hier bewegt sich die gesamte Dauer des Eingriffs zwischen 30 und 90 Minuten und ist natürlich für den Patienten deutlich schonender.

Wann sind die Patienten wieder fit?

Dies hängt natürlich von der Schwere der Erkrankung und von der Art der durchgeführten Operation ab. Die allermeisten Patienten sind nach 2-3 Tagen gut mobilisiert und können sich im Zimmer frei bewegen und über den Stationsflur laufen.

Muss nach der Operation eine spezielle Diät eingehalten werden, vielleicht auch wegen möglichen Wechselwirkungen der verordneten Medikamente, z. B. Marcumar?

Generell gelten nach der Operation wie vor der Operation die prinzipiellen Regeln einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung. Es gibt allerdings Medikamente, wie z.B. Marcumar, bei denen die Ernährung für die Wirkung des Medikaments eine Rolle spielt. So kann der Verzehr großer Mengen bestimmter Gemüsesorten die Wirkung des Medikaments deutlich verändern. Hierüber werden die Patienten aufgeklärt.

Wie belastbar sind Menschen, die eine künstliche Herzklappe haben?

Dies hängt vor allem von der Grunderkrankung, der Herzleistung und der allgemeinen Kondition des Patienten ab. In vielen Fällen erreichen die Patienten eine ganz normale Belastbarkeit und ein Unterschied zu herzgesunden Patienten ist nicht zu spüren. Von Extremsportarten wird in den meisten Fällen allerdings abgeraten. Normaler Ausdauersport wie Radfahren, Joggen und Schwimmen ist ausdrücklich erwünscht und günstig für den Verlauf der Herzerkrankung.

Die Herzchirurgie hat sich in den letzten 40 Jahren rasant entwickelt, was wünschen Sie sich in Bezug auf die Therapiemöglichkeiten im Jahr 2030?

Zunächst wünsche ich mir die weitere Verbesserung der Bildgebungsverfahren, mit denen ohne Eingriffe in den Körper das Herz bis in die kleinste Auflösung gut dargestellt werden kann. Und dann erwarte ich dass sich die minimalinvasiven und Katheter-gestützten Behandlungsverfahren so weiter entwickeln, dass wir fast alle Patienten schonend und mit sehr geringem Risiko behandeln können. Hier sehen wir aktuell schon von Jahr zu Jahr eine Verbesserung der Behandlungsmöglichkeit für unsere Patienten.

Interview: Anke Geyer