Berlin. Europäer und Amerikaner versichern dem Land ihre uneingeschränkte Solidarität. Es ist gut, dass Deutschland dabei nicht abseitssteht.

Der Überfall der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel hat nicht nur Regierung und Sicherheitskräfte des jüdischen Staates kalt erwischt, sondern offenbar auch deren Verbündete in Europa und den USA. Der Westen ist seit anderthalb Jahren damit befasst, die Ukraine in ihrem Kampf gegen die russischen Invasoren zu unterstützen. Das ist anspruchsvoll genug. Nun gibt es im Nahen Osten einen zweiten Großkonflikt, bei dem überhaupt noch nicht abzusehen ist, welches Ausmaß er annehmen wird.

Klar ist nur, dass der Westen auch hier gefordert sein wird – in welcher Form auch immer. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien haben umgehend die Attacke auf Israel verurteilt und betont, dass das Land jedes Recht habe, sich selbst zu verteidigen. Die Weltmacht USA ging sogar noch einen Schritt weiter und schickte ihren größten Flugzeugträger samt weiteren Kriegsschiffen ins östliche Mittelmeer. Es geht um Abschreckung – insbesondere in Richtung des Iran, der die Hamas finanziert und ausstattet.

Thorsten Knuf, Politik-Korrespondent
Thorsten Knuf, Politik-Korrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Am Montagabend nun haben die Staats- und Regierungschefs der fünf westlichen Länder nach einem längeren Telefonat eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die eine klare Ansage an alle Terrororganisationen und Regierungen im Nahen Osten ist: Von einer „unerschütterlichen und vereinten Unterstützung“ für Israel ist die Rede. Und: „Unsere fünf Länder werden sicherstellen, dass Israel sich und seine Bürger gegen die abscheulichen Angriffe verteidigen kann.“ Die „legitimen Bestrebungen“ des palästinensischen Volkes werden anerkannt, die Hamas vertrete diese aber nicht und biete nur noch mehr Terror und Blutvergießen.

Israel: Die Sicherheit des jüdischen Staats bleibt Teil der deutschen Staatsräson

Die entscheidende Formulierung ist die Zusage, dass die fünf Staaten Israel dabei unterstützen wollen, sich zu verteidigen. Näher ausgeführt wird das nicht. Die Atommacht Israel verfügt über eine der schlagkräftigsten Armeen der Welt. Der jüdische Staat, die einzige Demokratie im Nahen Osten, mag von der Hamas-Attacke überrascht worden sein. Militärisch überlegen ist er den Terroristen und allen feindlich gesinnten Regimen in der Region allemal.

Trotzdem kann Israel schon bald in eine Situation kommen, in der es zusätzliche Unterstützung benötigt. Etwa in Form von militärischer Beratung, Geheimdienst-Erkenntnissen oder zusätzlichen Lieferungen von Waffen und Munition. Wenn das so weit ist, wird sich Israel an seine Verbündeten wenden, ohne dass das Publikum dies groß mitbekommt. Die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit Europäern und Amerikanern ist ohnehin eng, insbesondere mit der Schutzmacht USA.

Und was Deutschland betrifft: Es ist richtig und logisch, dass die Bundesrepublik in diesem Konflikt gemeinsam mit den Verbündeten Flagge zeigt. Vor 15 Jahren sagte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Rede vor der Knesset in Jerusalem, dass die Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson sei. Diesen Gedanken und diese Formulierung hat sich auch der amtierende Kanzler Olaf Scholz zu eigen gemacht.

Deutschland kann aufgrund seiner Geschichte nicht im Abseits stehen, wenn Terroristen Israel angreifen und Tausende Juden ermorden oder verletzen. Die Bundesrepublik allein kann Israels Sicherheit nicht garantieren, aber sie kann und muss einen Beitrag dazu leisten. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass im Falle eines Flächenbrands im Nahen Osten auch eine Situation eintreten könnte, in der Solidaritätsbekundungen und materielle Hilfe für Israel allein nicht mehr ausreichen. So weit aber ist es noch lange nicht. Und es ist jetzt Aufgabe der Politik, alles zu tun, dass es so weit gar nicht erst kommt.